Dietmar Krug, Die Verwechslung. € 23 / 320 Seiten. Otto Müller, Salzburg 2018

Foto: Otto Müller

Im vorletzten Kapitel des Buches geschieht eine Art Läuterung, denn in der TV-Talkshow des Protagonisten Frank Theves nimmt ein Journalist namens Hans Hojak Platz, der dem österreichischen Leser gut bekannt ist: Dessen hier noch einmal zitierter Satz "Wer alt genug zum Einbrechen ist, der ist auch alt genug zum Sterben" war vor einigen Jahren ein Negativhöhepunkt in der heimischen Presselandschaft.

Aber Dietmar Krugs Roman will nicht in die Untiefen der Kronen Zeitung führen, hier geht es um Political Correctness: Sie wird dem Talkmaster Theves zum Verhängnis, als er in seiner Sendung eine unbedachte Äußerung macht. Die Modebranche, so Theves, würde magersüchtige Models bevorzugen, weil diese den Wunschvorstellungen homosexueller Modemacher entsprechen würden.

Umgehend wird Theves mit dem "Giftigen Kaktus" ausgezeichnet, den eine Schwuleninitiative für homophobe Äußerungen vergibt. Der Sender wittert Rekordquoten. In der nächsten Sendung stellt Theves das Adoptionsrecht homosexueller Paare infrage, weil seiner Meinung nach das Recht des Kindes auf beide Elternteile schwerer wiegt als der "Kinderwunsch eines Schwulen".

Kritische Auseinandersetzung

Theves ist keineswegs homophob, aber er macht sich Gedanken über den Zeitgeist, in dem der "schwule beste Freund" zum "hippen Accessoire" wird: "Es gibt nur noch eine einzige Ideologie: den schrankenlosen Konsumismus." Theves muss sich anhören, ein "Schwulenhasser" und ein "Auslaufmodell" zu sein. Und das wird selbstverständlich nicht besser, als er eine Sendung über Gender-Fragen moderiert.

Nun geht es nicht darum, wie viel an seiner Kritik berechtigt ist, sondern darum, dass man sich mit diesem Thema doch kritisch wird auseinandersetzen dürfen. Das ist, vorweg, der große Pluspunkt des Romans, der sich nicht scheut, es mit den vorgefertigten Meinungen der manchmal sehr selbstgefälligen Political-Correctness-Welt aufzunehmen.

Zweiter Handlungsstrang

Der Protagonist wird in den Dreck gezogen. Eine Freundschaft zerbricht, seine Ehe gerät in eine Krise. Aber da ist noch etwas anderes. Der TV-Moderator hat gerade seinen ersten Roman auf den Markt gebracht, als der Rufmord an ihm beginnt. In dem Roman beschreibt er eine Szene, wie ein Junge von einem Pater geohrfeigt wird. Theves hat den Pater mit einem anderen verwechselt, ein falscher Name steht im Buch, auch das belastet ihn. Aber dann stellt sich heraus, dass der irrtümlich benannte Pater in einen Missbrauchsskandal verwickelt war.

Geht es nun darum, verschüttete Erlebnisse aus der Kindheit aufzuarbeiten? Aber genau das führt Krug nicht aus, weshalb die Parallelführung beider Geschichten nicht wirklich zwingend erscheint. So souverän der Roman erzählt ist, so wenig nachvollziehbar ist die Konstruktion. (Gerhard Zeillinger, 13.8.2018)