Es ist immer einfacher, gut klingende Überschriften in ein Regierungsprogramm zu schreiben, als diese dann tatsächlich umzusetzen. Das merkt die Koalition gerade bei der Reform der Allgemeinen Unfallversicherung (AUVA). Das Ziel, die Wirtschaft um satte 500 Millionen Euro zu entlasten, entpuppt sich als ein nicht ganz einfach umzusetzendes.

Wie es aussieht, wird es mit Jahresbeginn eine kleine Beitragssenkung in Höhe von 0,1 Prozentpunkten des Unfallversicherungsbeitrages geben. Das ist nicht nichts, geht es doch um gut 100 Millionen Euro. Und, so ehrlich muss man sein: Ohne die externen Vorgaben durch die Regierung hätte die AUVA keine derartige Senkung vorgeschlagen. Systeme, die nicht marktwirtschaftlichem Druck ausgesetzt sind, neigen nicht zum Sparen. Da die Wirtschaft gerade boomt und dadurch die Einnahmen der Sozialversicherung massiv steigen, hätte die AUVA also ohne die politischen Vorgaben wohl eher neue Ausgaben erfunden, als eine Beitragssenkung vorzuschlagen.

Wie so oft in der Politik – vor allem unter Türkis-Blau – wird aber natürlich auch mit zahlreichen PR-Schmähs gearbeitet. Längst vereinbarte Kooperationen zwischen den Unfall- und den Landesspitälern werden jetzt als Neuigkeiten präsentiert. Ganz so, als ob diese Dinge nicht ohnehin passiert wären. Einsparungen werden also künstlich hochgerechnet, indem man die konjunkturbedingten Mehreinnahmen unter den Tisch fallen lässt. Mit solchen kreativen Rechenmethoden kann man ein paar Dutzend Millionen finden, nicht aber die erwähnte halbe Milliarde, die der Industrie in Aussicht gestellt wurde.

Deshalb muss jetzt ordentlich zurückgerudert werden. Man möchte zwar noch immer die arbeitgeberfinanzierte AUVA entlasten und Kosten an die vor allem von den Arbeitnehmern finanzierten Krankenkassen überwälzen. Umgesetzt werden soll das Vorhaben aber erst, wenn die groß angekündigten Einsparungen durch die Reduktion der Sozialversicherungsträger von 21 auf fünf auch realisiert wurden. Da geht Türkis-Blau, ein weiterer PR-Schmäh, von einer Milliarde Euro an Einsparungen bis zum Jahr 2023 aus. Wieso gerade eine Milliarde? Weil es eine schöne Summe ist und ohnehin niemand beweisen kann, wie sich die Ausgaben ohne die koalitionären Maßnahmen bis 2023 entwickelt hätten. Ein klassischer Fall von Voodooökonomie also.

Die große AUVA-Reform stellt sich also bisher eher als Reförmchen dar. Es mag fad klingen: Aber Erfolge im österreichischen Gesundheitssystem, in dem Länder und Sozialpartner das Sagen haben, sind nicht durch Poltern und Drohungen zu erzielen, sondern durch nüchternes Verhandeln und einen respektvollen Umgang mit allen Akteuren. Kraftmeierei, mit der es die Sozialministerin versucht hat, ist nur dann ein probates Mittel, wenn man tatsächlich stark ist. Ist man selbst in keiner starken Position, ist Kraftmeierei taktisch eher ungeschickt. (Günther Oswald, 13.8.2018)