Etwa jeden siebten Menschen juckt es länger als sechs Wochen und damit chronisch.

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Wer von chronischem Juckreiz betroffen ist, hat es schwer. Denn bislang war die Behandlung schwierig, mitunter wurden Medikamente – etwa Antidepressiva oder Immunsuppressiva – eingesetzt, die eigentlich für andere Krankheiten entwickelt wurden. Mit mäßigen Erfolg und unerwünschten Nebenwirkungen.

Hanns Ulrich Zeilhofer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich und sein Team haben nun einen neuartigen Weg entdeckt, um Juckreiz zu lindern. Mit einem experimentellen Arzneimittel konnte sie die Wirkung bestimmter Nervenzellen im Rückenmark verstärken, die eine Weiterleitung von Juckreizsignalen ins Hirn hemmen.

Entdeckt und lokalisiert hatten die Wissenschaftler diese Nervenzellen bereits vor drei Jahren. Nun konnten sie mithilfe von genetischen Mausmodellen zwei spezifische Rezeptoren identifizieren, über die sich die Wirkung der spezifischen Nervenzellen im Rückenmark steuern lässt. Sie gehören zu einer größeren Rezeptorfamilie, die vom Botenstoff γ-Aminobuttersäure, besser bekannt als GABA, aktiviert wird.

Weniger Kratzen

Über diese GABA-Rezeptoren wirken beispielsweise Benzodiazepine, Medikamente, die bei Schlaflosigkeit, Angststörungen oder Epilepsie eingesetzt werden. Der experimentelle Arzneistoff, den die Forscher in ihrer Studie einsetzten, entfaltet seine Wirkung an den beiden identifizierten Rezeptoren und wurde ursprünglich als angstlösendes Medikament entwickelt.

In Experimenten konnten die Pharmakologen zeigen, dass er nicht nur akuten Juckreiz unterdrückt, sondern auch bei ekzemartigen Veränderungen der Haut und entsprechenden chronischen Juckbeschwerden wirkt. Allerdings wurde das Therapiekonzept bislang nur an Mäusen, die den Arzneistoff verabreicht bekamen, getestet. Das Ergebnis: Die Versuchstiere kratzten sich weniger und ihre Hautveränderungen verheilten deutlich schneller als bei Tieren, die mit Plazebo behandelt wurden.

Dieselbe juckreizlindernde Wirkung zeigte sich später auch in Versuchen mit Hunden. Das Medikament erzeugte keine unerwünschten Nebenwirkungen. Die Wissenschafter sehen die Ergebnisse der Studie optimistisch: "Wir hoffen, dass die Substanz, die wir getestet haben, auch beim Menschen wirkt." Das können aber nur klinische Studien zeigen. Die fehlen allerdings noch. (red, 16.8.2018)