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Auf Bäumen rumzuhängen kann zwar Spaß machen, aber auch schnell im Krankenhaus enden. Wie sich Krankenkassen und AUVA die Kosten aufteilen, ist seit Jahren ein Politikum.

Elmar Gubisch / picturedesk.com

Für die Chefin der Privatangestelltengewerkschaft, Barbara Teiber, ist die Sache klar: Werde versucht, Kosten von der Allgemeinen Unfallversicherung (AUVA) zu den Krankenkassen zu verschieben, dann sei das eine "gnadenlose Umverteilung". Weg von der arbeitgeberfinanzierten AUVA, hin zu den mehrheitlich arbeitnehmerfinanzierten Krankenkassen, so Teiber.

Worauf sich ihre Befürchtungen beziehen: Die Regierungsparteien wollen die AUVA mittelfristig um jene Kosten entlasten, die nicht direkt mit Arbeitsunfällen zu tun haben, also sogenannte Quersubventionierungen beenden. Neben der Entgeltfortzahlung für erkrankte Mitarbeiter von Klein- und Mittelbetrieben geht es dabei vor allem um die Behandlung von Unfallpatienten in Landesspitälern und bei niedergelassenen Ärzten.

156 Millionen Euro zu viel

Für diese Kosten ist die AUVA zwar zuständig, de facto zahlt sie aber deutlich mehr an die Krankenkassen, als die Patienten tatsächlich an Kosten verursachen. Grund dafür ist eine Regelung, die es seit Jahrzehnten gibt. Damit nicht jede Behandlung einzeln abgerechnet werden muss, wird einmal im Jahr vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger ein Pauschalbetrag festgelegt, den die AUVA an die Krankenkassen zu zahlen hat. Heuer sind das 208 Millionen Euro. Die realen Kosten liegen nach AUVA-Schätzung aber bei nur 52 Millionen, folglich würde man um 156 Millionen Euro zu viel zahlen.

Die Industrie macht daher seit Jahren gegen diese Überzahlung mobil. AUVA-intern liegt auch bereits seit dem Jahr 2014 ein Gutachten vor, wonach diese Pauschalzahlung verfassungswidrig sein dürfte. Verfasst wurde es vom inzwischen verstorbenen Arbeitsrechtler Robert Rebhahn. Seine Einwände: Es gebe keine klaren Kriterien, nach denen die Pauschale berechnet wird, es handle sich also um einen "politisch festgesetzten Wert ohne Bezug zu den realen Aufwendungen", folglich sei die Regelung "inhaltlich unsachlich und daher gleichheitswidrig". Rebhahn meinte auch, dass im heutigen EDV-Zeitalter nichts gegen eine Einzelabrechnung spreche.

Politische Lösung erwünscht

Die AUVA hätte also gute Karten, die Regelung vor dem Verfassungsgerichtshof zu Fall zu bringen. Geklagt wurde aber nie. Das haben die damaligen Sozialpartnerpräsidenten Christoph Leitl (Wirtschaftskammer) und Erich Foglar (ÖGB) untersagt, bestätigt man in Sozialpartnerkreisen. Damals wurde die Devise ausgegeben: Man möge doch versuchen, eine politische Lösung zu finden.

Die wurde aber nie gefunden, eine eingesetzte Arbeitsgruppe stellte die Arbeit bald wieder ein. Die Gewerkschaft wollte die Diskussion nämlich breiter führen. Zwar sei es richtig, dass die AUVA zu viel für Patienten zahle, die außerhalb der Unfallspitäler behandelt werden. Gleichzeitig hätten die Krankenkassen aber immer höhere Kosten zu tragen, die indirekt mit der Arbeitswelt zu tun haben. Allen voran die steigende Zahl an Burnout-Patienten.

Stressiger werdende Arbeitswelt

In vielen Fällen sei ein Zusammenhang mit der stressiger werdenden Arbeitswelt gegeben, lautet das Argument. Daher solle die AUVA auch einen Teil dieser Kosten übernehmen. Dann, so die Vermutung, würde die AUVA nicht mehr zu viel an die Krankenkassen zahlen. Das Problem dabei: Seriös berechnen lässt sich nicht, wie häufig Burnouts jobbedingt sind. Die Sozialpartner kamen daher nie zu einem Konsens.

Türkis-Blau geht nun aber ohnehin einen anderen Weg. Erst wenn die Zusammenlegung der Krankenkassen Einsparungen bringt, werde man den Unfallversicherungsbeitrag weiter senken, sagte VP-Klubchef August Wöginger zuletzt. Wahrscheinlich wird das nicht mehr in dieser Legislaturperiode passieren. In einem ersten Schritt kommt nun nur eine kleine Senkung des Unfallversicherungsbeitrags von 1,3 auf 1,2 Prozent, die mit Jänner 2019 in Kraft tritt. Um das zu finanzieren, hat die AUVA zugesagt, im eigenen Bereich 135 Millionen Euro einzusparen.

Gewinne erwartet

Eine gewaltige Kraftanstrengung wird dafür nicht nötig sein. Laut der aktuellen Finanzplanung, die noch ohne Berücksichtigung der Sparpläne erstellt wurde, wird die AUVA heuer ein Plus von knapp 30 Millionen Euro erwirtschaften, bestätigte der Hauptverband am Donnerstag auf STANDARD-Anfrage. 2019 wird sogar ein Gewinn von 46 Millionen Euro erwartet. Damit wäre also bereits mehr als die Hälfte des Sparbedarfs aufgebracht. Da Einsparungen nie sofort schlagend werden, wird die AUVA voraussichtlich am Anfang auf Rücklagen zurückgreifen müssen. Aber auch das ist kein Problem: Aktuell beträgt die frei verfügbare Rücklage 455 Millionen Euro. (Günther Oswald, 17.8.2018)