Umweltorganisationen haben gegen den Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes EU-Beschwerde eingelegt.

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Wien/Salzburg – Umweltorganisationen haben ihre Kritik am geplanten Standortentwicklungsgesetz mit einer Beschwerde an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella und den Generaldirektor der Umweltbehörde in der Kommission, Calleja Crespo, untermauert. Unterzeichnet wurde der Brief von Vertretern der Umweltschutzorganisationen, die im Ökobüro vertreten und auch zur Teilnahme an UVP-Verfahren berechtigt sind.

Sie fordern damit eine Reaktion der EU-Kommission wegen ihrer Ansicht nach gravierender Verstöße gegen den EU-Vertrag und zahlreiche EU-Umweltgesetze, erklärte das Ökobüro am Freitag.

Europarechtlich unzulässig

"Dieses Standortgesetz untergräbt sämtliche Umwelt-Mindeststandards und wurde von führenden Verfassungs- und Verwaltungsjuristen von Anfang an als europarechtlich unzulässig kritisiert", betonte Ökobüro-Geschäftsführer Thomas Alge. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wolle aber offenbar an dem Genehmigungsautomatismus festhalten. "Wir haben uns daher zu diesem Schritt entschieden, um Umweltkommissar Karmenu Vella frühzeitig über die umfassenden Rechtsbrüche zu informieren."

Das Gesetz wurde am 6. Juli in Begutachtung geschickt, die Frist läuft am Freitag aus. Am 1. Jänner 2019 soll es in Kraft treten. Damit sollen Großprojekte "im besonderen Interesse der Republik" schneller genehmigt werden – auch wenn das zugehörige Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch nicht abgeschlossen ist.

Kritik aus Salzburg

Nach Vorarlberg, Tirol und Kärnten kam am Freitag auch aus Salzburg Kritik an dem Gesetz. Dieses würde den "massivsten Rückschritt im Umweltbereich seit Jahren" bedeuten, kritisierte Umweltreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne). Der Jurist hat außerdem völker-, europa- und verfassungsrechtliche Bedenken.

Unter anderem kritisiert Schellhorn die Kriterien, nach denen ein Projekt den Sonderstatus eines "standortrelevanten Vorhabens" erhalten soll. "Der Naturschutz müsste beispielsweise bei der Abwägung des öffentlichen Interesses überhaupt nicht mehr einbezogen werden", so Schellhorn.

AK gegen, IV für Gesetz

"Keine sinnvolle Lösung" sieht die Arbeiterkammer in dem Entwurf. "Die brachiale Methode, Projektanträge nach einem Jahr einfach automatisch – unabhängig von Verbesserungsbedarf und -möglichkeiten – zu bewilligen, wird nur zu suboptimalen Umsetzungen oder dazu führen, dass es Widerstand auf anderem als dem Verfahrensweg geben wird", sagt AK-Direktor Christoph Klein. Er empfiehlt, den Entwurf zurückzuziehen.

Die Industriellenvereinigung betonte am Freitag, dass das Gesetz ausufernde Verfahren vermeide. Wichtige Infrastruktur- und Standortprojekte umzusetzen werde Jahr für Jahr komplexer, langwieriger, kostenintensiver und letztlich unsicherer, so IV-Vizegeneralsekretär Peter Koren. "Mit dem Standortentwicklungsgesetz nimmt sich die Bundesregierung dieses bedeutenden Themas entschlossen an und versucht dem generellen Negativtrend entgegenzuwirken."

Mit dem Gesetz sollen nicht nur kosmetische Änderungen vorgenommen, sondern ein neuer Standard bei Genehmigungsverfahren etabliert werden. Die Industrie sehe im Standortentwicklungsgesetz "in keiner Weise ein Aufweichen des Umweltschutzniveaus oder eine Einschränkung der Rechte Betroffener". (APA, red, 17.8.2018)