Das Künstlerpaar Iris Andraschek und Hubert Lobnig wohnt in der Nähe von Horn im Einklang mit der Natur. Dazu gehört auch, dass die hier lebenden Tiere ihre Wärmedämmung und Holzbalken anknabbern.

In den meisten Gärten steht irgendwo ein Esstisch mit Sonnenschirm und ein paar Gartenstühlen. Aber das war uns zu wenig. Wir wollten unbedingt ein vollwertiges Salettl haben – mit Sofa, Couchtisch und Kühlschrank. Ein Wohnzimmer im Freien. Glücklicherweise gab es schon eine alte Holzkonstruktion aus Großtantes Zeiten, die wir eigentlich nur noch ein bisschen ertüchtigt und mit ein paar weißlackierten Holzplatten beplankt haben. Über einen Freund fanden wir bei einem Tapezierer in der Werkstatt ein paar alte Fauteuil-Elemente, die er neu bezogen hatte.

"Unser Wohnort ist Inspiration, Experiment und Arbeitsort zugleich." Iris Andraschek und Hubert Lobnig in ihrem Open-Air-Wohnzimmer im Waldviertel.
Foto: Dietmar Tollerian

Einige Möbel hier sind Teile von Systemen, die in unserem Leben immer wieder eine Rolle gespielt haben. Von der Decke hängt ein alter Plastikluster. Das ist ein Objekt aus der Arbeit Živomir, der Sammler. Früher hing sogar einmal ein gemaltes Bild hinten an der Wand, aber eines Tages ist das Gemälde wie ein Drache im Sturm Richtung Wien weggeflogen und lag dann in Nachbars Garten. So wie übrigens auch das Wellblechdach, das wir nach dem Unwetter zusammenklauben und neu aufbauen mussten. Und vor ein paar Jahren haben wir im Sommeratelier, das sich oberhalb des Hauses befindet, das Projekt Leben am Hof präsentiert, eine Arbeit über die Transformation von bäuerlichen Strukturen in der Grenzregion.

Ein Haus mit Blick ins Grüne.
Foto: Dietmar Tollerian

Unser Wohnort ist Inspiration, Experiment und Arbeitsort zugleich. Viele unserer Konzepte und Arbeiten sind hier bereits entstanden. Überhaupt ist die Geschichte dieses Hauses sehr spannend. Wir befinden uns hier in Mödring bei Horn. Ursprünglich ein Weingarten, wurde das Grundstück später in eine Ziegenweide umgewandelt. In den späten Fünfzigerjahren hat die Großtante das Areal gekauft und ein kleines zweigeschoßiges Haus mit 65 Quadratmetern Grundfläche errichtet. Wir sind vor 20 Jahren eingezogen und verbringen hier rund ein Drittel des Jahres. Die übrige Zeit wohnen wir in Wien.

Zuvor waren ein Weingarten und eine Ziegenweide auf dem Grundstück.
Foto: Dietmar Tollerian

Ein wenig erinnert uns das Gebäude an ein französisches Landhaus mit Pultdach und hölzernen Fensterläden. Auf der Fassade ist es mit grauen Eternitschindeln verkleidet. Wir nehmen an, dass die Großtante sich hier von ihren vielen Frankreich-Besuchen inspirieren ließ. Das Haus ist einfach und funktional und besticht vor allem damit, was es alles nicht hat. Es hat zum Beispiel längst keine Isolierung mehr, weil die Mäuse über die Jahrzehnte die Wärmedämmung aufgefressen haben und so aus der gedämmten Fassade im Laufe der Zeit eine hinterlüftete wurde – was nicht so übel ist, weil die heiße Luft hinter den Schindeln nun zirkulieren kann.

Kochstelle im Außenbereich.
Foto: Dietmar Tollerian

Es ist ein Leben in und mit der Natur. Vor ein paar Wochen ist uns im Garten unser Marder begegnet, der im Dachgeschoß lebt, und er hat uns so richtig angefletscht, weil wir ihm offenbar im Weg standen. Im Sommeratelier hängt über unseren Köpfen ein wunderschönes Hornissennest, das wir keineswegs zerstören wollen, weil Hornissen eine längst gefährdete Art sind. Und sie sind hervorragende Architektinnen! Und dann gibt es noch Mäuse, die uns einmal ein nigelnagelneues Paar Damenschuhe weggefressen haben, und Füchse, die eines Nachts einen Herrenschuh durch die Landschaft getragen und irgendwo im Wald deponiert haben.

Schattiger Platz unter Weinreben.
Foto: Dietmar Tollerian

Wir setzen die Symbiose mit den Tieren gern auch in Zukunft fort, aber nur, wenn sie unser Haus und unsere Fauteuils im Salettl in Zukunft in Ruhe lassen. Wir befürchten ja jetzt schon, dass sich die Mäuse in der kalten Jahreszeit durch die schöne, neue Polsterung der Fauteuils fressen und hier ihre Winterresidenz errichten werden. Das wäre echt nicht okay. (Wojciech Czaja, 20.8.2018)