Der Philosoph Konfuzius wird heute als chinesischer Nationalheld gefeiert – in Shenyang säte ein Bauer seinen Reis so aus, dass sein Bild dabei entstand.

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Washington/Peking – Eine Universität in Florida macht Ernst: Das chinesische Konfuzius-Institut fliegt von ihrem Campus. Schon im März wollte Floridas Senator Marco Rubio die insgesamt 161 Institute in den USA als "ausländische Agenten" deklarieren lassen, weil das Kulturinstitut mit Auftraggebern in Peking nicht die chinesische Sprache und Kultur fördere, sondern Propaganda verbreite.

2014 hatte der Ableger an der University of North Florida eröffnet, nun gab die Universität an, man habe die Aktivitäten geprüft und sei nach reiflichen Überlegungen zu dem Schluss gekommen, dass das Institut nicht den Anforderungen der Universität entspreche.

China wehrt sich seit langem gegen Vorwürfe, dass die Konfuzius-Institute Staatspropaganda verbreiten würden. Jeder, der Misstrauen gegenüber dem Programm hege, solle seine "aus der Mode gekommenen Ideen über Bord werfen", erklärte das Außenministerium im März.

Mehr als 500 Ableger weltweit

Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Chinas Kulturinstitute haben immer wieder für Kritik gesorgt. Seit 2004 baut China die Institute als Teil einer Charmeoffensive weltweit auf. Das erste wurde in Seoul eröffnet, gefolgt von Berlin und Wien im Jahr 2006. Derzeit existieren weltweit 525 derartige Einrichtungen, bis 2020 sollen es tausend sein.

Die Institute selbst vergleichen sich oft mit Einrichtungen anderer Länder – etwa den deutschen Goethe-Instituten, dem British Council oder dem spanischen Instituto Cervantes. Im Fall Österreichs wäre es das Kulturforum. Die Aufgaben sind in der Tat ähnlich: Kultur und Werte des Landes vermitteln.

Einschränkungen für Wissenschafter

Und doch hinkt der Vergleich. Denn anders als diese sind die chinesischen Konfuzius-Institute fast immer an Universitäten untergebracht. Dabei kommt etwa die Hälfte des Geldes aus China, den Rest übernehmen die Gastländer. Einer der wichtigsten Unterschiede ist die Besetzung der Institutsleitungen: Direktoren und Vorstandsmitglieder der Konfuzius-Institute sind meist Professoren der jeweiligen Gastuniversitäten und nicht etwa Beamte aus den Ministerien der Länder. Das ist auch bei den beiden Instituten in Österreich der Fall, ebenso bei jenen in der Schweiz und der Mehrzahl der 19 Institute in Deutschland.

Gerade diese Doppelfunktion sorgt für Kritik. Denn Kultur und Werte Chinas zu vermitteln sei eine andere Aufgabe, als unabhängige, objektive Wissenschaft zu betreiben. So sind Konfuzius-Institutsleiter selten Personen, die für Forschungen über in der Volksrepublik heikle Themen wie das Tiananmen-Massaker, Tibet oder Taiwan bekannt sind. Dass die Institute tatsächlich einer politischen Agenda folgen, erklärte Li Changchun, als Propagandachef bis 2012 Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei, im Jahr 2011 in einer Rede: Die Institute hätten "einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung unserer 'soft power' geleistet", sagte Li. "Die 'Konfuzius'-Marke hat eine natürliche Attraktivität. Unter dem Vorwand, Chinesisch zu unterrichten, sieht alles vernünftig und logisch aus."

Taiwan-Seiten herausgerissen

Trotz des weltweiten Erfolgs der Institute war die Universität in Florida nicht die erste, die sich von Konfuzius verabschiedete. Bereits 2013 schloss die McMaster-Universität im kanadischen Ontario ihren Konfuzius-Ableger, weil eine ehemalige Sprachlehrerin dort nicht Mitglied der in China verbotenen Falung-Gong-Bewegung sein durfte. So stand es in ihrem Vertrag mit dem Hanban, also der Stelle, die für Konfuzius-Institute weltweit zuständig ist und dem Bildungsministerium in Peking untersteht.

Ein anderer Vorfall aus dem Jahr 2014 brachte die Konfuzius-Institute unter noch größeren Druck. Bei der jährlichen Konferenz der European Association for Chinese Studies (EACS) in Portugal riss die Leiterin des Hanban, Xu Lin, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Seiten des Tagungsprogramms heraus – und zwar jene, die auf eine taiwanische Forschungsinstitution verwiesen.

Nach einem weltweiten Aufschrei wurden Pläne für ein Institut in Zürich auf Eis gelegt, berichtete die "NZZ". Und auch die renommierte University of Chicago warf daraufhin ihr Konfuzius-Institut hinaus, die Penn State University folgte dem Beispiel.

China werfen USA mangelndes Selbstbewusstsein vor

China antwortete auf die jüngste Maßnahme in Florida mit Unverständnis: Den USA mangle es an Selbstbewusstsein, erklärte das Außenministerium am Freitag. Schon im März, als die USA die Institute als ausländische Agenten deklarieren wollten, reagierte Ministeriumssprecher Hua Chunying mit einem Konfuzius-Zitat: "Der Gentleman ist besonnen, der kleine Mann immer voll Nervosität."

Senator Rubio hingegen begrüßte die Maßnahme: "Es gibt zunehmende und wohlbegründete Besorgnis über diese von den chinesischen Kommunisten finanzierten Institute. Ich fordere weiter andere auf, Floridas Beispiel zu folgen."

Die USA haben unter Präsident Donald Trump eine immer kritischere Haltung gegenüber China eingenommen. Zwischen den beiden Ländern tobt ein Handelsstreit, die US-Regierung geht gegen Chinas Expansionskurs vor. Erst am Freitag veröffentlichte das Pentagon einen Bericht, der beschrieb, dass China Luftangriffe auf US-Ziele übe. (Anna Sawerthal, 19.8.2018)