Als aufmerksamer Gast hat Putin in den letzten Tagen sicher mehrere Bojarentrachten probiert, schließlich wird er in den südsteirischen Weinbergen nicht leicht underdressed mit nacktem Oberkörper einreiten wollen.

Foto: Imago/Alexei Nikolsky

Die Vogelscheuchen in den südsteirischen Weinbergen scheuchen seit Tagen auf Alarmstufe 3. Kein Vogel soll einen Wurm arretieren, ohne dabei ins Visier der Cobra zu geraten. Denn Putin plant zum Jawort in den steirischen Weinbergen einzufliegen, so zuerst das Regierungsorgan "Kronen Zeitung". Das Jawort wird, wie an dieser Stelle berichtet, von der österreichischen Außenministerin erwartet, und es ist davon auszugehen, dass diese Erwartung in Anwesenheit eines russischen Staatspräsidenten nicht enttäuscht wird. Es könnte zu internationalen Krisen von gar nicht auszudenkenden Konsequenzen führen.

Hoffentlich findet Putin auch an den Trauungsort. Seit sich das Wunschschloss Gamlitz hochzeitsmäßig als besetzt erwies, herrschte darüber Unklarheit, aber am Donnerstag konnte "Heute" enthüllen, dass die Außenministerin ihren Lebensgefährten beim "Tscheppe" an der idyllischen Weinstraße heiraten wird. Auf die Backhenderln von Haubenkoch Heinz Preschan schwört übrigens auch Peter Kraus, der gleich ums Eck ein Haus besitzt. Dann sollten die Backhenderln wohl auch für Putin gut genug sein. Kneissl gilt als Dirndl-Fan – Dresscode Tracht wäre daher gut möglich. Als aufmerksamer Gast hat Putin in den letzten Tagen sicher mehrere Bojarentrachten probiert, schließlich wird er in den südsteirischen Weinbergen nicht leicht underdressed mit nacktem Oberkörper einreiten wollen.

Die Latte liegt hoch

Wenn er sich nur mit dem Hochzeitsgeschenk nicht lumpen lässt! Der Russland-Sonderbeauftragten der Braut, Margot-Klestil-Löffler, und deren Mann hat er immerhin einmal zwei Welpen seiner Labradorhündin geschenkt, und damit die Latte für heute hoch gelegt. An der traditionellen Entführung der Braut wird er sich nicht mehr beteiligen können, was schade ist. Denn er kann nur "vorbeischauen und gratulieren", weil er gleich weiter zu Angela Merkel muss. Ein Glück, diese Nähe.

Beim Tscheppe erwarten Putin bereits seine hiesigen Hofschranzen, laut "Krone" Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer, Mario Kunasek und Johann Gudenus. Von Vilimsky ist da keine Rede, obwohl er mit Strache und Hofer schon 2016 in Moskau schwanzwedelte. Die Freiheitlichen schlossen damals eine Art Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland. Ohne diese Vorarbeit müsste Frau Kneissl heute einen Gast weniger verköstigen. "Österreich" hat auch noch Herbert Kickl auf der Gästeliste, ist ja auch schon egal.

Eine zweite Maria Theresia?

Dass die ministerielle Vermählung die schärfsten Politanalysten des Landes auf den Plan rufen würde, war zu erwarten. Wolfgang Fellner stellte in seinem Blatt die Frage: Darf man Putin zur Hochzeit einladen? Eine schwierige Frage. Natürlich ist die Putin-Einladung heikel. Sie macht eine Hochzeit – wie einst bei den Habsburgern – zur Politshow. Eine Rangerhöhung Kneissls zu einer zweiten Maria Theresia kann nicht mehr weit sein. Schon leichter zu beantworten ist die andere Frage: Warum kommt Putin zur Heirat einer Außenministerin, die er kaum kennt – mit der er nur ein paar Minuten charmant geplaudert hat?

Das liegt doch auf der Hand. Putin weiß, dass Österreich der "Türöffner" bei den Verhandlungen für ein Ende der Sanktionen der EU gegen Russland sein kann. Er weiß: Sein Techtelmechtel mit der Ösi-Ministerin wird für Aufsehen sorgen. Und die Amis, die Briten provozieren. Ätsch – "Austria loves me."

In Österreichs Hand

Das Schicksal Russlands liegt also praktisch in Österreichs Hand. Putin, laut Claus Pándi in der "Krone" einer der schlauesten Spieler auf der Bühne der Weltpolitik, macht selten etwas ohne Kalkül, und schon gar keinen Ausflug in die südsteirischen Weinberge. Seine Teilnahme an Kneissls Hochzeit in den steirischen Weinbergen sollte also nicht zu der Annahme führen, der erste Mann im Kreml hätte auf seine alten Tage plötzlich viel Zeit für Schabernack.

Die Hochzeit der Außenministerin als Schabernack zu bezeichnen sollte vom Regierungssprecher Launsky-Tieffenthal amtlich korrigiert werden.

Man sollte aber nicht nur über Putin nachdenken. Diese Hochzeit setzt den Bundeskanzler schwer unter Druck. Strache ist schon verheiratet, Verteidigungsminister Kunasek hat es eben getan, und nun die Außenministerin – wer in der Regierung soll den Junggesellen an der Spitze ernst nehmen? Und vor allem: Sollte Kurz je heiraten, mit welchem Gast könnte er Kneissl standesgemäß übertrumpfen. Zu fürchten ist: Es bleibt nur Trump. (Günter Traxler, 18.8.2018)