Duško Marković wurde zwar von Trump geschupft, gilt aber trotzdem als Mann des Westens.

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Auf ihn zielt die Kritik ab: Milo Djukanović.

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Podgorica – Er bat sie um Hilfe bei der Bekämpfung der Kriminalität. Der montenegrinische Premier Duško Marković gilt als Mann des Westens und wurde vergangene Woche von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel empfangen. Merkel sagte Marković Unterstützung zu. Montenegro galt lange Zeit als "Frontrunner" unter den Beitrittskandidaten auf dem Balkan. Doch das Misstrauen des Westens gegen Langzeitregent Milo Djukanović, der erst kürzlich wieder zum Präsidenten gewählt wurde, ist groß. Montenegro hat mittlerweile ein Reputationsproblem.

Weder die USA noch die EU wollten, dass Djukanović wieder kandidiert. Man war davon ausgegangen, dass er nach dem Beitritt Montenegros zur Nato endlich in Polit-Pension gehen würde. Djukanović ist seit 1991 abwechselnd als Premier oder Präsident an der Macht. Hinter ihm stehen einflussreiche Wirtschaftskreise, die großes Interesses daran haben, seine Macht zu sichern. Mittlerweile hat sich Premier Marković – jener Mann, der beim Nato-Gipfel von Donald Trump geschupft wurde – von Djukanović distanziert. Manche sprechen von einem offenen Machtkampf.

Geopolitische Dimension

Der Konflikt zwischen den Systemerhaltern und den Reformern hat auch eine geopolitische Dimension. So äußerte Djukanović in jüngster Zeit Kritik an der EU. Manche in Montenegro meinen, dass er sich wieder Russland zugewandt hat. Für Ärger sorgte kürzlich, dass Montenegro einen internationalen Haftbefehl gegen den US-Bürger Joseph Assad herausgegeben hat, der bei dem angeblich versuchten Staatsstreich 2016 eine Rolle gespielt haben soll.

Vor dem Nato-Beitritt behauptete das Regime in Podgorica, dass prorussische Kräfte diesen Staatsstreich hätten durchziehen wollen und Djukanović dabei getötet werden sollte. Der Prozess dazu läuft noch. Angeklagt sind auch Oppositionspolitiker. Aufklärung brachte der Prozess bisher nicht. Viele Politiker in Montenegro haben aber auch kaum ein Interesse an mehr Rechtsstaatlichkeit und Transparenz, denn das würde ihre Macht und die Macht der Partei einschränken.

Bürger bleibt auf der Strecke

In dem kleinen Adriastaat mit nur 620.000 Einwohner sind Justiz und Verwaltung tief von politischen und ökonomischen Interessen unterlaufen. Der Bürger bleibt auf der Strecke. Mazedonien und Albanien gelten in jüngster Zeit als Modelle für Reformen – Montenegro wird von den Kennern in der EU im Gegensatz dazu als ein Staat gesehen, der in jüngster Zeit eher Rückschritte gemacht hat. Das hat auch damit zu tun, dass Djukanović wieder an der Macht ist.

Dem Chef einer Oppositionspartei, Nebojša Medojević, droht zudem eine Strafe wegen Falschaussage, weil er die Quelle bestimmter Informationen, über die er als Abgeordneter gesprochen hat, nicht veröffentlichen will.

Ein anderer Oppositionspolitiker, Milan Knežević, wurde kürzlich bereits zu zwei Monaten Haft verurteilt, weil er seine Quelle nicht nannte. Ein ähnliches Schicksal droht dem investigativen Journalisten Jovo Martinović. Ende September soll der Prozess zu Ende gehen. Der 42-Jährige recherchierte jahrelang über Kriegsverbrechen, Waffenschieber und Juwelendiebe. Nun wird ihm vorgeworfen, dass er mit Kriminellen in Drogengeschäfte verwickelt sei. Mehr als ein Dutzend Personen sollen im Sommer 2015 ein Kilo Heroin und 20 Kilo Marihuana verkauft haben.

Viele Deals

Martinović selbst denkt aber, dass der gesamte Prozess gegen ihn angestrengt wurde, weil er sich jahrelang geweigert habe, mit Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden sein Wissen über die organisierte Kriminalität "zu teilen". Er beruft sich auf sein professionelles Verständnis als Journalist. In Montenegro gibt es immer wieder Verdächtige, die Geständnisse unterschreiben und eine Art Deal mit der Staatsanwaltschaft eingehen, um dann milde behandelt zu werden.

Martinović selbst wurde ein Jahr in Untersuchungshaft gehalten, er bekam monatelang gesetzeswidrig keinerlei Einsicht in die Akten. Sein Fall zeigt auch, wie es um die Rechtsstaatlichkeit in Montenegro bestellt ist. (Adelheid Wölfl, 20.8.2018)