
Das Krankenhaus Nord in Wien-Floridsdorf soll im September 2019 in Vollbetrieb gehen. Die U-Kommission läuft bis März 2019.
Wien – Bisher standen großteils die Einzelinteressen der Wiener Oppositionsparteien im Vordergrund, wenn es darum ging, die Misswirtschaft der rot-grünen Stadtregierung beim Milliardenprojekt KH Nord anzuprangern. Von einem koordinierten Vorgehen von FPÖ, ÖVP und Neos bei der U-Kommission zum Spitalsprojekt war bislang wenig zu sehen. Das dürfte sich aber langsam ändern: In einem gemeinsamen Pressegespräch am Montag verwies eine blau-schwarz-pinke Allianz darauf, nur einen mangelhaften Zugang zu angeforderten Dokumente zu erhalten. "Nur 50 Prozent" der bisher gestellten rund 60 Beweisanträge würden vorliegen, sagte Ingrid Korosec, die Gesundheitssprecherin der ÖVP.
Einige Dokumente seien auch unvollständig übermittelt worden, meinte FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl: So habe man den Finanzierungsvertrag zwischen Stadt Wien und der Europäischen Investitionsbank (EIB) aus dem Jahr 2006 zwar erhalten. "Aber Seite fünf des Vertrags fehlt", kritisierte Seidl. Neos-Klubchef Christoph Wiederkehr hält Schlampigkeit und bewusstes Vertuschen für möglich. Beides sei nicht zu akzeptieren. "Wir werden in der Aufklärung behindert", sagte Wiederkehr.
Kritik des Rechnungshofs
Der Finanzierungsvertrag war auch schon im vernichtenden Bericht des Rechnungshofs (RH) zum KH Nord Thema. Das EIB-Darlehen belief sich auf 300 Millionen Euro. Kritisiert wurde von den Prüfern, dass vorab keine schriftlichen Vergleichsangebote eingeholt worden waren. Zudem betrug der Zinsmehraufwand für die Stadt gleich 30 Millionen Euro, weil das EIB-Darlehen im Dezember 2010 frühzeitig zur Gänze abgerufen wurde. Das Finanzressort rechtfertigte sich, dass damit die Bonität der Stadt verbessert worden sei.
Kein Managementbericht für U-Kommission
FPÖ-Mandatar Seidl echauffierte sich auch darüber, dass der Managementbericht des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) zum Status quo des KH Nord, den der neue Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) angefordert hatte und im Juni erhielt, nicht übermittelt wird. In einer knappen Antwort sei laut Seidl mitgeteilt worden, dass der Bericht nicht in den Untersuchungszeitraum der U-Kommission falle. Dieser ende laut Stadtverfassung mit 20. März 2018 – dem Tag der Einsetzung der Kommission durch die rot-grüne Stadtregierung. "Hacker ist ein starker Kandidat für einen Misstrauensantrag", sagte Seidl.
Stadtverfassung als Grund für Nichtübermittlung
Josef Taucher, designierter Wiener SPÖ-Klubchef, rechtfertigte die Nichtübermittlung damit, dass es "nicht um die tagesaktuelle Überwachung des neuen Stadtrats" gehe. Die FPÖ könne sich "nicht über die Stadtverfassung stellen". Der KAV habe zudem "bereits mehr als 7800 Dokumente im Ausmaß von 13,5 Gigabyte" an die Vorsitzende der U-Kommission, Elisabeth Rech, übermittelt. "Notwendige Dokumente", wie es Taucher nennt, würden auch weiterhin weitergeleitet.
Ellensohn äußert Verständnis für Oppositionswunsch
Der grüne Klubchef David Ellensohn äußert Verständnis für die Seite der Opposition: "Wenn die U-Kommission beschließt, dass Akten beantragt werden, dann sollen diese auch herbeigeschafft werden", sagte er dem STANDARD. Er selbst kenne den Managementbericht auch nicht.
Hacker hatte Eckpunkte des Befundes bereits öffentlich präsentiert: So soll das Spital, wie zuletzt geplant, im September 2019 in Vollbetrieb gehen. Der maximale Kostenrahmen beträgt 1,34 Milliarden Euro.
Vierte Sitzung der U-Kommission am Dienstag
Am Dienstag, findet die vierte Sitzung der U-Kommission statt, die die politische Verantwortung der Causa KH Nord klären soll. Diesmal wird unter anderem die Frage erörtert, ob das Grundstück, auf dem das Spital errichtet wird, zu teuer gekauft wurde. Auch Lärm und elektromagnetische Felder sind Thema. Geladen sind fünf Zeugen, darunter Anton Plimon, Geschäftsführer des Austrian Institute of Technology (AIT).
Eine Vorgängereinrichtung des AIT hatte im Auftrag der Stadt 2008 ein Gutachten verfasst, wonach das Grundstück für den Bau des Spitals geeignet sei. Auch Ex-Projektleiterin Alexandra Loidl-Kocher, Ex-KAV-Spitälerdirektorin Susanne Herbek, Ex-KAV-Infrastrukturdirektor Maximilian Koblmüller und Architekt sowie Ziviltechniker Hans Lechner werden befragt. (David Krutzler, Rosa Winkler-Hermaden, 20.8.2018)