ÖVP-Mandatar Dominik Schrott sieht sich mit Manipulationsvorwürfen konfrontiert.

Foto: ÖVP

Innsbruck – Der Tiroler Nationalratsabgeordnete Dominik Schrott (ÖVP) ist in Erklärungsnot. Denn der Blogger und Publizist Markus Wilhelm wirft ihm die Manipulation eines Gewinnspiels während des Nationalratswahlkampfs 2017 vor. Damals versprach Schrott den Teilnehmern auf seiner Facebook-Seite, dass unter den Tagessiegern wertvolle Preise verlost werden. Hauptpreis war eine Saisonkarte für sämtliche Tiroler Skigebiete im Wert von erklecklichen 797 Euro.

Doch wie Wilhelm nun auf seiner Homepage darlegt, scheint diese Verlosung manipuliert worden zu sein. Denn als Gewinnerin wurde eine gewisse Karin Kirchmair aus Innsbruck ermittelt. Dahinter soll sich wiederum ein Fake-Profil eines mutmaßlichen ÖVP-Bots verstecken. Denn das Profil der Karin Kirchmair war schon in diversen Wahlkampfzusammenhängen aufgefallen. Die Dame schien über die Maßen Fan der ÖVP zu sein. Als Journalisten Hinweisen nachgingen, dass es sich um ein Fake-Profil handeln könnte, verstummte Kirchmair urplötzlich für einige Zeit.

Die Glücksfee soll schuld sein

Doch zurück zum Gewinnspiel vom vergangenen Herbst. Aus insgesamt 23 Tagessiegern auf Schrotts Facebook-Seite wurde als Gesamtsiegerin der Skikarte jene Karin Kirchmair ermittelt. Als Glücksfee fungierte Sarah Z., eine Mitarbeiterin der Werbeagentur Smart Ventures, die Schrotts Wahlkampf betreute. Übrigens war er selbst bei dieser Agentur bis 31. Oktober 2017 Mitarbeiter. Glücksfee Sarah Z. ist die Nichte des Agenturchefs Thomas Ziegler, der bis vor kurzem noch Schrotts Chef war.

Mittlerweile passierte ein Rollentausch, nun ist Schrott wiederum Zieglers Chef. Denn der Agenturchef ist seit dem Einzug des Tirolers in den Nationalrat dort als dessen parlamentarischer Mitarbeiter angestellt. Ein Konstrukt, das grundsätzlich legal ist, wie der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger bestätigt. Ziegler ist im Ausmaß von 50 Prozent als parlamentarischer Mitarbeiter angestellt. Solange er dieses Arbeitspensum auch erfüllen kann neben seinen anderen Tätigkeiten, ist das legal. Doch Ziegler ist nicht nur Geschäftsführer und Anteilseigner der Agentur Smart Ventures, sondern auch Geschäftsführer und Anteilseigner bei der EDV-Agentur Smartvillage in Seefeld, die weder Homepage noch Telefonnummer besitzt.

Die offenbar manipulierte Ziehung wurde sogar auf Video festgehalten.
Karin Leisacher

Sarah Z. fiel ein weiteres Mal im Zusammenhang mit Gewinnspielen dieser Agentur auf. Denn einer der Kunden des Unternehmens ist die Zillertaler Trachtenwelt, eine Modekette für Fans des Volkstümlichen. Und die veranstaltet regelmäßig Gewinnspiele auf Facebook, bei denen es wertvolle Handys zu gewinnen gibt. Mit der Durchführung wurde die Innsbrucker Agentur beauftragt. Und siehe da, im Jänner gewann Karin Kirchmair das wertvolle Handy, wie die Modekette auf Facebook präsentierte. Nur ist die Frau, die auf dem Foto als glückliche Gewinnerin präsentiert wird, Agentur-Mitarbeiterin Sarah Z., die mit der Durchführung der Gewinnspiele beauftragt war.

"Familiäre Probleme" als Ursache?

Schrott will auf STANDARD-Nachfrage von alldem nichts gewusst haben. Smart Ventures habe ihn "von vorne bis hinten" betreut, und er habe keinerlei Kenntnis, was da im Detail passiert sei. Interessant ist, dass Schrott als ehemaliger Angestellter dieser Agentur Sarah Z. bestens kennen dürfte. Deren Onkel und Agenturchef Thomas Ziegler will ebenfalls von nichts gewusst haben. Er habe sich Ende Juni 2018 von seiner Nichte als Mitarbeiterin getrennt. "Nicht im Guten", wie er unter Verweis auf "familiäre Probleme" sagt. Der Onkel und der Ex-Kollege prüfen nun "rechtliche Schritte" gegen Sarah Z. Diese war bisher nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Ihr Facebook-Profil verschwand am Dienstag plötzlich.

Am Dienstagnachmittag hat Agenturchef Thomas Ziegler folgende Stellungnahme an Medien versandt:

"Kunden wie Dominik Schrott oder die Zillertaler Trachtenwelt haben zur Gänze die Agentur Smart Ventures GmbH mit der Organisation und Durchführung der behaupteten Facebook-Gewinnspiele beauftragt. Die entsprechenden Aufgaben wurden an Mitarbeiter der Agentur delegiert. Aufgrund der aktuellen Berichterstattung und der dabei behaupteten Fehler werden wir alles daran setzen, um diese aufklären zu können. Die Angelegenheit wurde bereits unseren Rechtsanwälten zur weiteren Behandlung übergeben. Sollte sich der Verdacht als Wahr herausstellen, werden wir die Schuldigen zur Verantwortung ziehen. Im Vorfeld der anhängig zu machenden Behördenverfahren und für deren Dauer gibt es unsererseits keinen weiteren Kommentare. Wir bitten um Verständnis."

Bei der Zillertaler Trachtenwelt will man den Vorwurf, manipulierte Gewinnspiele veranstaltet zu haben, nicht kommentieren: "Dazu sagen wir nix, das ist uns ganz neu." Doch der Vorwurf könnte zum Problem für das Unternehmen werden. Denn mit den Gewinnspielen werden Adressen und Daten potenzieller Kunden gesammelt.

Wilhelm: "Da kommt noch was"

Schrott hatte im Nationalratswahlkampf, den er mit enormem Aufwand betrieb, selbst Parteifreunde verärgert. Sein kostenintensives Werben um Vorzugsstimmen erachteten viele als unfair. Der Streit gipfelte in einem offenbar gefälschten Unterstützungsbrief von Parteichef Sebastian Kurz, den Schrott an Haushalte verschicken ließ. Parteiintern gilt Schrott als karrierebewusster JVP-Mann, der zur Bubenpartie rund um Kanzler Kurz zählt.

Der Ötztaler Blogger und Publizist Wilhelm betont, dass nicht die nun beschuldigte Sarah Z. seine Quelle für diese Geschichte gewesen sei. Dass Schrott von nichts gewusst haben will, hält er für unglaubwürdig. Im Gespräch mit dem STANDARD lässt er dem ÖVP-Abgeordneten ausrichten, noch weitere belastende Informationen zu besitzen: "Ich hoffe nicht, dass er jetzt schon zurücktritt, denn da kommt noch was."

Agentur und Mitarbeiter gekündigt

Am Dienstagnachmittag ließ Schrott via Presseaussendung wissen, dass er sich mit sofortiger Wirkung von der Agentur Smart Ventures, die "im Wahlkampf einen Fehler" gemacht habe, sowie von seinem parlamentarischen Mitarbeiter, dem Agenturchef Ziegler, getrennt habe. Zudem wolle er 1.000 Euro als Wiedergutmachung an SOS-Kinderdorf spenden, wie Schrott vermeldete: "Mir ist ein transparentes und sauberes Vorgehen wichtig. Darum ziehe ich sofort alle notwendigen Konsequenzen." (Steffen Arora, 21.8.2018)