Die Größe des geplanten Speichersees im Montafon im Vergleich zum Bregenzer Kunsthaus.

Foto: Alpenschutzverein

Das gleiche Bauwerk aus Sicht der Betreiber mit Wasserstand zu Beginn der Wandersaison.

Foto: Silvretta Montafon

Dornbirn – Vorarlbergs Naturschutzorganisationen reicht es. Was auf gut Vorarlbergerisch heißt: "As langat." Die Landesregierung opfere Naturressourcen kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen, kritisierten Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen Naturschutzbund, Naturfreunde, Alpenverein und Alpenschutzverein sowie von Bürgerinitiativen am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Mit einem fünftägigen Protestmarsch vom Bodensee auf die Bielerhöhe wollen sie ab 27. August auf die aus ihrer Sicht verfehlte Umweltpolitik der schwarz-grünen Landesregierung aufmerksam machen. "J'accuse, ich klage an", formuliert Hildegard Breiner, Obfrau des Naturschutzbundes, drastisch. Konkret ist es der "ausufernde Bodenverbrauch für fragwürdige Industrie- und Tourismusprojekte", der Breiner Sorgen bereitet.

Wirtschaft kontra Umwelt

Seit 2008 stehe der Klimaschutz in der Landesverfassung, Konsequenzen habe das aber keine, kritisiert Breiner. Bodenverbrauch durch Lift- und Tourismusprojekte sowie Industrieerweiterungen widerspreche den Zielen des Klimaschutzes, denn: "Böden sind die natürlichste und billigste Klimaanlage, die beste CO2-Senke."

Weder die Alpenkonvention noch die Ziele des Vorarlberger Naturschutzgesetzes würden von der Landesregierung eingehalten, kritisiert der Alpenverein. Bei der Bewilligung von Skigebietserweiterungen und Zusammenschlüssen gerate die vorgeschriebene Interessenabwägung zur Farce, sagt Naturschutzreferent Gerhard Kaufmann: "Die wirtschaftlichen Interessen werden stets so hoch gewichtet, dass der Naturschutz unter die Räder kommt."

Negativbeispiele von See bis Gletscher

Ein besonders eindrückliches Beispiel für den Vorrang wirtschaftlicher Interessen sieht Franz Ströhle, Obmann des Vorarlberger Alpenschutzvereins, im geplanten Bau eines 8,5 Hektar großen Speicherteichs auf dem Schwarzköpfle im Montafon. Hier werde eine hochalpine Moorlandschaft den Interessen des Skigebietsbetreibers Silvretta Montafon geopfert. Mit einer Visualisierung des beantragten Projekts will der Alpenschutzverein die Tragweite des Baus plastisch machen.

Bezeichnend für die Vorarlberger Umweltpolitik sei, dass nicht einmal ein streng geschütztes Naturschutzgebiet wie das Rheindelta vor Zerstörung bewahrt werden könne, sagt Ströhle. Mitten im Naturschutzgebiet am Bodensee wurde die Erweiterung eines Tourismusbetriebs genehmigt. Die Naturschutzorganisationen bekämpfen die Entscheidung beim Höchstgericht.

Ein weiteres Beispiel für die Missachtung von Natur- und Umweltschutz sieht Ströhle in der geplanten Umwidmung bester Landwirtschaftsflächen in der Landesgrünzone von Ludesch (Bezirk Bludenz) für die Erweiterung des Betriebsareals der Getränkefirma Rauch. Diese Umwidmung sei mit massiven Eingriffen in den Grundwasserhaushalt verbunden. Ströhle: "Dass private monetäre Interessen von Betreibern und nicht der Schutz von Natur und Ressourcen als öffentliches Interesse gewertet werden, ist skandalös."

Parteistellung für Naturschutz

Die Naturschutzorganisationen fordern die Parteistellung der Naturschutzanwaltschaft (Umweltanwaltschaft). Im Gegensatz zu den anderen Bundesländern hat die Vorarlberger Naturschutzanwaltschaft keine umfassende Parteistellung. Naturschutzanwältin Katharina Lins kann lediglich ihre Einwände einbringen, Empfehlungen abgeben, verhindern kann sie nichts.

Ihren Forderungen wollen die Naturschutzorganisationen mit einem Protestmarsch durch Vorarlberg Nachdruck verleihen. In fünf Tagesetappen gehen sie ab Montag, 27. August durch das Land, machen an elf Orten halt und informieren bei Kundgebungen über ihre Anliegen.

Silvretta Montafon reagiert

Kurz nach der Pressekonferenz reagierte die Silvretta Montafon mit einer Aussendung. Sie präsentiert ihrerseits Visualisierungen und teilt mit, dass für das Projekt Beschneiungsteich eine Salzburger Firma, die auf "ökologische Herangehensweise" spezialisiert sei, engagiert wurde. Aktuell liegt das Projekt beim Landesverwaltungsgericht. (Jutta Berger, 21.8.2018)