Nicht genug, dass man ausgebürgert wird – manche könnten sogar das Haus oder die Wohnung verlieren.

grafik: fatih aydogdu

Wer die Staatsbürgerschaft verliert, verliert womöglich auch sein Haus. Vor allem in Tirol, wo es beim Kauf von Grundstücken, Häusern oder Eigentumswohnungen strenge Regeln für Ausländer gibt, macht man sich deshalb schon auf einigen Wirbel gefasst.

"Wir rechnen damit, dass da etwas kommt", sagt Karl Nöbl, Leiter der zuständigen Behörde im Land Tirol. Der Erwerb von Liegenschaften durch Nicht-EU-Bürger ist nämlich genehmigungspflichtig. Was aber, wenn ein Austrotürke, der eine Wohnung oder ein Haus völlig rechtmäßig als Österreicher erworben hat, nun rückwirkend die österreichische Staatsbürgerschaft verliert, weil er nach der Einbürgerung wieder die türkische Staatsbürgerschaft angenommen hat?

Mühsame Abwicklung

Wenn er zum Kaufzeitpunkt aus heutiger Sicht schon kein Österreicher mehr war, dann kann es im Ernstfall zur Löschung im Grundbuch kommen. Der Kauf wird dann rückabgewickelt. Soll heißen: Der Käufer verliert das Haus, der Verkäufer muss den Kaufpreis zurückzahlen. Verfügt der Verkäufer nicht über das nötige Bargeld, könnte es in Einzelfällen zu Versteigerungen kommen. "Das kann unter Umständen äußerst mühsam werden", sagt Nöbl.

Im Extremfall sei es möglich, dass der Hausbesitzer sogar völlig leer ausgeht, sagt Anwalt und Immobilienexperte Michael Hecht zum STANDARD. In Tirol sehe das Gesetz nämlich vor, dass ein Verkäufer nicht nur das Haus oder das Grundstück zurückerhält, sondern auch den Kaufpreis behalten darf. Das sei eine Art Pönale für jene Hauskäufer, die dem Verkäufer verschwiegen haben, dass sie Ausländer sind. In den aktuellen Fällen sei diese Abschreckformel aber überzogen, meint Hecht: "Dass es die Käufer vielleicht selbst gar nicht gewusst haben, dass sie keine Inländer sind, daran hat der Gesetzgeber wohl gar nicht gedacht." Findige Verkäufer könnten sich trotzdem darauf berufen – etwa dann, wenn das Objekt mittlerweile stark an Wert zugelegt hat und zu einer hübschen Summe weiterverkauft werden kann.

Behördenleiter Nöbl glaubt zwar nicht, dass dieser Passus tatsächlich Anwendung findet. "Man müsste den Käufern nachweisen, dass sie bewusst getäuscht haben, und das wird schwierig." Eines stehe aber fest: In den Rückabwicklungen "steckt sehr viel Streitpotenzial drin".

Ruhe vor dem Sturm

Derzeit herrsche quasi noch Ruhe vor dem Sturm. Das Landesverwaltungsgericht Tirol prüft anhängige Beschwerden von Austrotürken, deren Staatsbürgerschaft aberkannt wurde. Sind diese Musterfälle einmal entschieden, könnte es aber schnell gehen. Seine Behörde stelle sich darauf ein, dass das Staatsbürgerschaftsamt dann "gleich einen ganzen Schwung an Fällen entscheidet", sagt Nöbl zum STANDARD.

Wie aber erfährt die Grundverkehrsbehörde überhaupt davon, dass ein Käufer rückwirkend ausgebürgert wurde? Dass die Staatsbürgerschaftsbehörde die Namen direkt weitergibt, sei ausgeschlossen – dem stehe der Datenschutz entgegen. Es gibt aber andere Informanten, die sich zuverlässig melden werden, glaubt Nöbl, er nennt sie "Bürger, die das Geschehen beobachten": Das könne ein Nachbar sein, der schon seit längerem auf das angrenzende Grundstück spitzt. Oder eine unterlegene Kaufinteressentin, der die Wohnung weggeschnappt wurde und die jetzt eine neue Chance wittert. Oder aber der einstige Verkäufer, der eine Preissteigerung ausnutzen will.

Ähnliche Regeln wie in Tirol gibt es auch in anderen Bundesländern, wenn auch unterschiedlich strenge. Sollten Kaufverträge rückabgewickelt werden, sei es wahrscheinlich, dass sich Betroffene auch an den Verfassungsgerichtshof wenden, glaubt Anwalt Hecht. Die Verfahren könnten dann auch direkte Folgen für die Rechtslage in den Ländern haben. (Maria Sterkl, 22.8.2018)