Siezen und duzen – eine Generationensache?

Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/bojan89

"Liebe Katja" statt "Liebe Frau Musterfrau", "Wie geht es dir?" statt "Wie geht es Ihnen?", "Grüß dich!" statt "Grüß Gott", "Könntest du mir helfen" statt "Könnten Sie mir helfen": Es ist nur eine kleiner Unterschied in der Sprache, und dennoch bewirkt es so viel – das Du versus das Sie.

Seit Jahrhunderten gibt es im Standarddeutschen die Höflichkeitsform "Sie". In den letzten Jahrzehnten hat sich die Verwendung mehr und mehr reduziert – man denke dabei an das Ende der Aristokratie in Österreich oder die generellen sprachlichen Umwälzungen jüngerer Generationen. Dennoch wird "Sie" häufig in der Konversation mit fremden Personen verwendet.

Höflich oder Hierarchie

"Sie" ist höflich, "Sie" kann aber auch gezielt Distanz schaffen oder persönliche Ablehnung gegenüber dem anderen zum Ausdruck bringen. "Sie" ist außerdem ein sprachliches Mittel, um Hierarchie zu erzeugen und um diese zu festigen. Ein Chef, der seine Mitarbeiter siezt, ist distanzierter, autoritärer, als wenn man mit dem Chef per Du ist.

Das "Du" hingegen wurde anfangs nur unter engen Verwandten und Freunden verwendet. Seit Jahren schon hat es besonders unter Jungen das "Sie" vermehrt aus dem Sprachgebrauch verbannt. Denn "Du" schafft Vertrautheit, Gemeinschaft und versucht – auch wenn es sich nicht so anhören mag – eine Kommunikation auf Augenhöhe. Manch andere empfinden ein sofortiges "Du" aber als unhöflich, ein Überschreiten der Grenzlinie zwischen Fremd und Freund.

In anderen Sprachen gibt es ebenso wie im Deutschen Höflichkeitsformen. Besonders das Französische achtet besonders stark auf die Umgangsform mit der Verwendung von vous. Einen ganz anderen Ansatz hatten die Schweden in den 60ern und 70ern: In der Du-Reform wurde das Du als Anredepronomen durchgesetzt, und es wurde damit aufgehört, ältere oder unbekannte oder in der Hierarchie höher stehende Personen in der dritten Person oder mit dem Titel anzusprechen.

Siezt Du oder duzen Sie?

Wie sieht es in Ihrem Sprachgebrauch aus? In welchen Situationen Siezen Sie, und wann verwenden Sie das "Du"? Gehört das "Sie" der Vergangenheit an? (rec, 23.8.2018)