Zurück aus der Sommerpause setzte die Regierung am Mittwoch beim Ministerrat offensichtlich auf ihre Mitbringsel für das Wahlvolk. Doch wegen mitunter wochenlanger Absenzen hatte sich bei den Medienvertretern derart viel angestaut, dass Kurz, Strache und Co auch mit einer Vielzahl an hitzigen Fragen gelöchert wurden.

Den Anfang beim Pressefoyer macht der braungebrannte Infrastrukturminister mit einem neuen Forschungsförderungsgesetz, das es den Einrichtungen bald erlaubt, finanziell über drei bis vier Jahre zu planen. Doch weit kommt Norbert Hofer damit nicht.

Auf Infrastrukturminister Hofer prasselten allzu viele Fragen ein – da riss ihm der Geduldsfaden.
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Ob er die Aussagen des blauen Generalsekretärs teile, dass der FPÖ-kritische Austropopper Wolfgang Ambros ("viele braune Haufen") ein "abgehalfterter Musiker" sei? Hofer, hier noch geduldig: "Ich bin mit der Musik von Ambros und Fendrich aufgewachsen." Er finde es schade, dass die beiden das so sähen. Schon prasseln weitere Fragen auf den Minister ein. Zum Kneissl-Knicks vor Putin, vulgo Kniefall. Zu Kickl-Gate im Innenressort, kurz BVT-Affäre genannt. Und, und, und. Prompt reißt Hofer der Geduldsfaden, just bei einem ORF-Journalisten: "Ich weiß nicht, was Sie heute in der Früh getrunken haben", herrscht er ihn an, und: "Ich weiß nicht, ob der Kaffee zu stark war!"

Kurioses Fluchtverhalten

Nächster Auftritt: Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ), ebenfalls mit dunklem Teint, spricht von einem "Jubeltag" – weil er die Zusage für ein Sonderbudget für neue Heereshubschrauber, drei Black Hawk und zwölf Nachfolger der betagten Alouette, herausschlagen konnte. Im Ministerrat stehe der Beschluss für die Ausschreibung an – dem Vernehmen nach dürfte es sich um 400 Millionen Euro schwere Beschaffungen handeln, offiziell wird dazu aber noch nichts verraten.

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) hatte einen "Jubeltag" – dennoch entschwand er dann gern in den Ministerrat.
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Doch schon werden hinter dem Absperrband, mit dem die Pressevertreter im Zaum gehalten werden, die nächsten Fragen wie Pfeile abgeschossen. Ob Österreichs Heeresdienste angesichts der Causa BVT international überhaupt noch ernst genommen werden? Was Putins Hochzeitstanz mit der blauen Außenministerin für die Reputation des Landes bedeute? Auch Kunasek beruhigt: Natürlich könne die Republik weiterhin die Rolle als neutraler Vermittler wahrnehmen – dann aber muss er ganz schnell in die Regierungssitzung.

Parierte den fast schon abziehenden Kamerapulk mit Humor: Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der unter anderem die jüngsten Personalia bei der Nationalbank verkündete.
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Der Kameratross packt schon zusammen, da tritt Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) noch vor den unberechenbaren Pulk: Er versuche dieses "Fluchtverhalten jetzt nicht persönlich zu nehmen", witzelt er. Neben den jüngsten Personalia bei der Nationalbank erläutert Löger den neuen Stolz der Regierung: Ab 2019 werden die Pensionen sozial gestaffelt angehoben. Bis zu einer Höhe von 1.115 Euro gibt es ein Plus von 2,6 Prozent – rund 1,1 Millionen und damit etwa die Hälfte der Pensionisten sollen davon profitieren. Je höher der Pensionsbezug, desto geringer falle die Anpassung aus, bis zur ASVG-Höchstpension wird die Inflation von zwei Prozent abgegolten (Reaktionen siehe Infobox). Hier schließen sich nun die Flügeltüren, der Ministerrat beginnt.

Permanente Herausforderung

Nach einer Stunde treten Kanzler und Vizekanzler vor die Berichterstatter – Letzterer hofft, dass man sich erholt habe, denn: Die Politiker seien "für Sie ja eine permanente Herausforderung". Dann preist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache "die ältere Generation, der unser Land sehr viel verdankt". Diese Menschen verdienten ein Leben im Ruhestand ohne materielle Sorgen. Einmalzahlungen wie unter SPÖ-Kanzlern seien nicht nachhaltig, jetzt gebe es "wesentlich mehr", betont er.

Vizekanzler Strache (FPÖ) und Kanzler Kurz (ÖVP) bei der Regierungssitzung: Ihr neuer Stolz ist eine Pensionserhöhung – beim Pressefoyer wurden dann auch Stilfragen besprochen.
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Die Pensionserhöhung sei budgetär gedeckt, eine Milliarde sei bereits kalkuliert gewesen, mit den Anpassungen dürfte sich der Betrag um rund 70 Millionen erhöhen, führt Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weiter aus, ehe auch er und Strache sich mit Einwänden zu anderen Komplexen herumschlagen müssen. Ob Kurz die Ausritte von FPÖ-General Harald Vilimsky gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ("Alkoholprobleme") goutiere?

Hier verweist der Kanzler auf Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament (der die Äußerungen als "einer Regierungspartei unwürdig" bezeichnet hat). Kurz selbst betont, dass es in politischen Debatten "keine Beleidigungen und Untergriffe" brauche. Als "neue Volkspartei" wolle man diesen neuen Stil leben. Also welcome back im Koalitionsgetriebe. (Nina Weißensteiner, 22.8.2018)