In der Bretagne tauchte in diesem Sommer auch die Portugiesische Galeere auf, eine gefährliche Qualle aus der Karibik und dem Pazifik, die nun bis in den Nordatlantik vordringt.

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Es sei wie "das Gefühl, in einer Badewanne zu sitzen", berichtet eine junge Frau über ihr Schwimmerlebnis an einem Bretagne-Strand. Die Region im Nordwesten Frankreichs war bisher auch im Sommer nicht bekannt für hohe Meerestemperaturen. Jetzt wähne man sich fast an der Côte d'Azur, erzählen Badende. Eine Mutter sagt, sie habe ihrer kleinen Tochter Anfang August erstmals keinen thermischen Schwimmanzug anziehen müssen.

Die Website cabaigne.net – "ça baigne" bedeutet nicht nur "es wird gebadet", sondern im übertragenen Sinn "es läuft wie geschmiert" – hat die Temperaturen an den französischen Stränden in den ersten 20 Augusttagen mit den Vorjahreswerten verglichen. Das Fazit ist klar: Von 167 Meeresabschnitten verzeichnen 160 einen Anstieg der Wassertemperatur.

"Bald wie in den Tropen"

Ortsweise fällt er sogar massiv aus: Vor der Mittelmeermetropole Marseille betrug die Zunahme der Meerwassertemperatur 4,5 Grad. Das sei "bald wie in den Tropen", kommentierte der Informationssender LCI.

Bei der bretonischen Stadt Lorient stieg die Meerestemperatur um 3,3 Grad und erreichte damit Werte wie in Spanien. Selbst am Ärmelkanal stieg sie, im Badeort Berck etwa um 1,9 Grad. Was die planschenden Kinder freut, ist für Ozeanologen, die einen klaren Bezug zu den Hitzewellen dieses Sommers ausmachen, hingegen ein Grund zur Sorge.

"Wenn die Temperatur des Wassers steigt, ändert das seine Dichte, und das erschwert die Zirkulation zwischen Oberfläche und Tiefzonen", sagt Thierry Pérez vom Forschungszentrum CNRS. "Das stört das Leben im Meer und führt zu einer erhöhten Sterblichkeit gewisser Arten wie etwa der Schwämme, die sonst wie eine Art maritime Kläranlage funktionieren."

An der Côte d'Azur stellen Taucher seit längerem eine Ausbleichung der sonst so farbenprächtigen Korallenriffe fest – laut Pérez ebenfalls eine Folge der Wassererwärmung. Sie bringt immer häufiger Fische aus tropischen Gewässern an die französische Riviera. Vor Nizza fingen Fischer jüngst einen Barrakuda – einen rund ein Meter langer Raubfisch aus tropischen und subtropischen Gewässern. Ins Netz gehen neuerdings auch Goldmakrelen, die sonst vor allem im südpazifischen Tahiti vorkommen.

Angst vor der Galeere

Die Häufung von Quallen an den französischen und anderen europäischen Küsten ist kein neues Phänomen. In der Bretagne tauchte aber in diesem Sommer auch die Portugiesische Galeere (Physalia physalis) auf, eine gefährliche Qualle aus der Karibik und dem Pazifik, die nun bis in den Nordatlantik vordringt.

Da ihr Gift sogar Menschen töten kann, mussten die Behörden im Bretagne-Ort Ploemeur schon ein vorübergehendes Badeverbot erlassen. (Stefan Brändle aus Paris, 23.8.2018)