Die Gremien der Notenbank werden den politischen Machtverhältnissen angepasst. Beim Gouverneur dürfte sich die Kanzlerpartei dem Wunsch des Koalitionspartners beugen und Ex-Weltbanker Robert Holzmann küren.

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Für die Opposition ist es ein klarer Fall von Postenschacher durch die türkis-blaue Regierung: die zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) paktierte Neubesetzung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). "Ich bin fassungslos, mit welcher Unverfrorenheit sich diese rechtsnationalistische Regierung an den Posten in unserer Republik bedient", echauffierte sich Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn am Mittwoch.

Formal muss der Posten des Notenbank-Gouverneurs, der im August 2019 frei wird – da läuft der Vertrag von Ewald Nowotny (SPÖ) aus –, ausgeschrieben werden. Das Generalratspräsidium macht Vorschläge, an die sich die Regierung nicht halten muss.

Dennoch zweifelt kaum jemand daran, dass der ehemalige Weltbank-Direktor Robert Holzmann (69) Nachfolger von Nowotny wird. Denn vorher wird der OeNB-Generalrat neu besetzt. Das geht deutlich schneller: Neuer OeNB-Präsident statt Claus Raidl wird ab September Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. Der 45-Jährige wird neben der Kammer den Generalrat leiten, der dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft entspricht.

Hat gute Chancen, an die Spitze der Nationalbank zu kommen: Ökonom Robert Holzmann.
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"Der als Reformer angetretene Mahrer verteidigt als Kammerpräsident alte Pfründe und steht beim Thema Asylwerber in der Lehre klar gegen die heimische Wirtschaft. Jetzt geht ohne erkennbare Qualifikation das fröhliche Ämtersammeln weiter", wettert Neos-Mandatar Schellhorn. Auch SPÖ und Liste Pilz halten die Funktion für unvereinbar mit der Kammerspitze. Als Wirtschaftskammerchef sei Mahrer, der zuvor Wirtschaftsminister war, oberster gesetzlicher Interessenvertreter der Banken und Versicherungen, warnt SP-Finanzsprecher Kai-Jan Krainer, er könne nicht gleichzeitig an der Spitze der OeNB stehen,

Der Klubobmann der Liste Pilz, Bruno Rossmann, hält die Bestellung Mahrers für "äußerst bedenklich", sie folge sattsam bekannten Mustern. Mahrer habe keinerlei geldpolitische Erfahrung. Dass mit dem OeNB-Posten zusätzliches Einkommen verbunden sei, stellt das Büro Mahrer in Abrede.

Neu als Vizepräsidentin des Generalrats vom Ministerrat bestellt wurde Unternehmensberaterin Barbara Kolm (54), eine der FPÖ zugeordnete wirtschaftsliberale Ökonomin. Sie folgt auf Max Kothbauer (SPÖ). Kolm ist Präsidentin des Friedrich-August-v.-Hayek-Instituts und Direktorin des Austrian Economics Center. Sie hält eine Gastprofessur an der Universität Podgorica in Montenegro.

Mit dem neuen Gouverneur Holzmann kommt auch ein neues Gesicht nach Frankfurt. Denn mit der Position des OeNB-Gouverneurs ist ein Sitz im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) verbunden. Dies werde demnächst entschieden, hielt sich Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) nach der Ministerratssitzung bedeckt.

Holzmann war gut bekannt mit FPÖ-/BZÖ-Langzeitobmann Jörg Haider, beide waren einst Universitätsassistenten. In OeNB und Kanzlerpartei wundert man sich, dass der Bundeskanzler für die ÖVP den Gouverneur aufgibt. Die ÖVP könne mit Holzmann aber gut leben, er sei "kein echter Blauer". Banker Stephan Koren wurde für den Gouverneursjob nicht gefragt, er wird Generalrat, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl hingegen intensiv, er sagte ab, will in die Erste Stiftung gehen. (gra, ung, Reuters, APA, 23.8.2018)