AUVA-Mitarbeiter protestieren gegen Sparpläne. Andere Arbeitnehmer könnten jedoch profitieren.

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Man kann den Kritikern der beschlossenen Einsparungen und Reformen bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in vieler Hinsicht recht geben: Es ist zum Großteil eine Scheinreform, die nur dann Einsparungen bringt, wenn Kosten auf andere Krankenkassen abgewälzt werden.

Aber in einem wichtigen Punkt irrt etwa Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner in ihrem STANDARD-Gastkommentar ebenso wie andere Stimmen aus SPÖ und Gewerkschaft: Die Senkung der Unfallversicherungsbeiträge – vorerst nur um 0,1 Prozentpunkte, längerfristig um 0,5 Prozentpunkte – ist kein Zuckerl für Unternehmen. Sie nützt Arbeitnehmern genauso wie den Betrieben.

Lohnnebenkosten sind eine Schere

Das mag überraschend klingen, liegt aber an der Natur des Arbeitsmarkts. Die Höhe der Gehälter ist in einer Marktwirtschaft stets Verhandlungssache, in Österreich zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Dabei geht es Arbeitnehmern um den Nettolohn, den sie erhalten, den Arbeitgebern um die Gesamtlohnkosten, einschließlich der Dienstgeberbeiträge an Sozialversicherung, AUVA, Arbeitslosenversicherung und anderes. Dazwischen wirken die Lohnnebenkosten wie eine Schere.

Sinken die Dienstgeberbeiträge, dann wird es für Betriebe günstiger, Mitarbeiter anzustellen, und dann sollten auch mehr Jobs entstehen. Gleichzeitig sind Arbeitgeber dann eher bereit, den Lohnforderungen der Gewerkschaft bei KV-Verhandlungen nachzugeben. Schließlich geht es ihnen stets um die Gesamtkosten.

Das geschieht nicht sofort, und anfangs steigen Arbeitgeber sicher etwas besser aus. Aber nach einigen Lohnrunden entsteht ein neues Gleichgewicht. Wie sich eine Entlastung zwischen Arbeitgebern und -nehmern aufteilt, hängt von den jeweiligen Marktbedingungen ab. In Branchen mit starker Nachfrage nach Mitarbeitern könnten Arbeitnehmer den Großteil lukrieren; dort, wo es einen Überhang an Arbeitssuchenden gibt, werden sie davon wenig profitieren.

Es ist egal, wer bezahlt

Deshalb ist es letztlich gleichgültig, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die verschiedenen lohnbezogenen Abgaben bezahlen. Sollte eine zukünftige Linksregierung eines Tages entscheiden, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr aufgeteilt, sondern vom Dienstgeber allein getragen werden, dann würden die Gehälter entsprechend sinken. Beschließt eine radikalkonservative Regierung, dass Arbeitnehmer in Zukunft alles zahlen müssen, dann würden die Gewerkschaften sich bald einen Ausgleich erkämpfen.

Aber auch die Wirtschaft droht bei der AUVA-Reform einer Illusion zu verfallen. Wenn die AUVA ihre Einsparungen über Abwälzung von Kosten auf andere Krankenkassen erzielt, diese dann ins Defizit rutschen und deshalb die Krankenkassenbeiträge erhöht werden – ein mögliches Szenario –, dann hat sich für die Betriebe wenig geändert. Die SV-Abgaben werden zwar zur Hälfte vom Arbeitnehmer getragen, aber die Belastung für Unternehmen ist längerfristig die gleiche, wie wenn sie es allein zahlen müssten. So funktionieren Märkte. (Eric Frey, 23.8.2018)