Klubobmann David Ellensohn (55) bewirbt sich um Listenplatz eins bei den Wiener Grünen.

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Wien – Er musste danach gefragt werden, dann antwortete David Ellensohn aber bereitwillig. "Ja, ich werde kandidieren", sagte der grüne Wiener Klubchef bei einem Pressetermin, der sich eigentlich um Missstände beim Verkauf von gemeinnützigen Wohnungen drehte. Dass Ellensohn schon länger auf die Rolle als Nummer eins bei den Grünen spitzt, war ein offenes Geheimnis. Die Frage, wann er offiziell in den internen Wahlkampf um die Spitzenkandidatur seiner Partei für die nächste Wien-Wahl einsteigt, hat sich mit Donnerstag erledigt.

Kein Kommentar Vassilakous

Aufhorchen ließ Ellensohn aber mit einer Forderung: Wer auch immer bis Ende November von der Partei zur Spitzenkandidatin oder zum Spitzenkandidaten gekürt wird, soll sofort das Vizebürgermeisteramt und die Position des Verkehrsstadtrats in der rot-grünen Stadtregierung übernehmen. "Ein starker Spitzenkandidat soll die wichtigste Funktion der Grünen innehaben", sagte er. Geht es nach Ellensohn, wird die Amtsinhaberin dann aber nicht mehr Maria Vassilakou heißen. Auf die Frage, ob er mit Vassilakou als Gegenkandidatin rechne, sagte er dem STANDARD unmissverständlich: "Nein."

Im Büro der Vizebürgermeisterin wollte man die Aussage Ellensohns nicht weiter kommentieren. Es gelte, was schon seit geraumer Zeit kommuniziert wird: Vassilakou überlege noch und werde sich zu gegebener Zeit äußern. Bewerbungen sind seit Montag möglich, die Anmeldefrist läuft bis zum 4. September.

Mehr als zwei Kandidaten

Ellensohn ist nach dem Gemeinderat Peter Kraus (31), dem früheren Büroleiter von Vassilakou und Vertrauten der Stadträtin, der zweite Grüne, der sich in die interne Wahlauseinandersetzung wirft. "Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich der Beste bin", sagte der 55-Jährige. Ellensohn rechnet aber damit, "dass es mehr als zwei Kandidaten geben wird". Bundesrätin Ewa Dziedzic, sie ist auch Frauensprecherin der Wiener Grünen, will am Freitag bekanntgeben, ob sie antritt.

Sein Konzept will Ellensohn erst Anfang September vorstellen, wenn alle Kontrahenten bekannt sind. Nur so viel: Ellensohn dürfte sein Profil auch durch mehr öffentliche Kritik am roten Koalitionspartner schärfen. "Die SPÖ ist es noch immer gewohnt, Entscheidungen allein zu treffen", sagte er etwa am Donnerstag.

"Selbstsicherer auftreten"

Die Grünen müssten in der Koalition "selbstsicherer auftreten". Bei der U-Kommission zum Krankenhaus Nord ortet Ellensohn Verbesserungsbedarf. Oder übersetzt: Die Wiener SPÖ stellt nicht alle gewünschten und notwendigen Informationen zur Verfügung. Die Informationspolitik habe sich auch unter dem neuen SPÖ-Team "nicht geändert".

Ellensohn deckt innerhalb der linken Partei den linken Flügel ab und will diese mediale Zuschreibung auch nicht korrigieren. Kraus zählt mit Vassilakou eher zur gemäßigteren Fraktion, die vor einer möglichen Eskalation lieber auf Kompromisse setzt.

Die Grenzen freilich sind bei so manchen Themen nicht immer klar: So stimmte Ellensohn – nach dem Nein der grünen Basis gegen das umstrittene Hochhausprojekt am Heumarkt – im Gemeinderat ebenfalls für die Umwidmung. Am Donnerstag sagte er: "Niemand würde das Projekt Heumarkt noch einmal so machen." Es sei "kein grünes Vorzeigeprojekt". Kraus steht hingegen weiterhin hinter der Entscheidung, das Bauvorhaben zu unterstützen.

In London geboren und Liverpool-Fan

Ellensohn wurde als Sohn einer Engländerin in London geboren, wuchs aber in Vorarlberg auf und zog als 20-Jähriger nach Wien. Vor und noch während seiner politischen Karriere, die er 1996 als Bezirksrat in Rudolfsheim-Fünfhaus begann, war der Fan des Fußballvereins FC Liverpool Redakteur bei der Sportzeitung. 2001 wechselte Ellensohn hauptberuflich in den Gemeinderat, 2004 wurde er anstelle Vassilakous nicht amtsführender Stadtrat.

Bisher klare Rollenverteilung

Seither gelten die beiden als Gespann, die Rollen sind klar verteilt: Vassilakou auf Platz eins, Ellensohn auf Rang zwei. Als Vassilakou 2010 unter Rot-Grün I zur Vizebürgermeisterin aufstieg, übernahm er ihren Posten als Klubchef. Jetzt hofft Ellensohn, einmal noch Vassilakou nachfolgen zu können.

Bis 5. September müssen die Kandidaten Unterstützungserklärungen sammeln, ehe die Wahl unter Mitgliedern und angemeldeten Sympathisanten brieflich erfolgt. Das Ergebnis soll Ende November feststehen. Ellensohn hofft auf die Liverpool-Hymne: You'll Never Walk Alone. (David Krutzler, 23.8.2018)