Während eines starken Unwetters war am vergangenen Dienstag der als Morandi-Brücke bekannte Polcevera-Viadukt eingestürzt.

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Trauernde während einer Abschiedsfeier für die Opfer des Brückeneinsturzes in Genua.

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Mit schwerem Gerät durchsuchten Einsatzkräfte die Trümmer nach weiteren Opfern.

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Rom/Genua – 43 Todesopfer forderte der Brückeneinsturz am 14. August in Genua. Nun hat die örtliche Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen rund zwölf Personen aufgenommen. Darunter sind Manager der italienischen Autobahngesellschaft Autostrade per l'Italia sowie hohe Funktionäre des Infrastrukturministeriums. Das berichten italienische Medien am Donnerstag.

Von der Staatsanwaltschaft beauftragte Experten prüfen die Korrosion verschiedener Teile der Brücke, vor allem der Seile und des Zements. Am Pfeiler, der den östlichen Rumpf stützt, sei die Korrosion des Materials hochgradig fortangeschritten. Der Einsturz der Autobahnbrücke wurde möglicherweise durch den Riss eines Tragseils verursacht. Auch das Verkehrsministerium setzte eine Unfallkommission ein. Augenzeugen berichteten, sie hätten gesehen, wie die Spannseile nachgaben.

Abriss und Wiederaufbau

Der vierspurige, etwa 1.200 Meter lange Viadukt setzt sich aus drei Einzelbrücken zusammen, von denen eine einstürzte. Der Präsident der Region Ligurien und Kommissar für den Wiederaufbau, Giovanni Toti, sprach sich am Mittwoch dafür aus, die Überreste der Brücke so schnell wie möglich abzureißen.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Feuerwehr ihre Arbeiten unter einem der beiden Brückenreste aus Sicherheitsgründen vorläufig einstellen musste. Der Rumpf, der über evakuierten Wohnhäusern verläuft, mache "Geräusche", hieß es.

Die Unternehmerfamilie Benetton, Mehrheitsaktionärin von Autostrade per l'Italia, erklärte sich bereit, die eingestürzte Brücke wieder aufzubauen. Die Brücke selbst gehört zwar dem italienischen Staat, der Autobahnbetreiber muss aber für alle Verpflichtungen aufkommen. Autostrade gehört zum börsennotierten Atlantia-Konzern, hinter dem die Unternehmerfamilie Benetton steht. Nach der Katastrophe ist die Atlantia-Aktie an der Mailänder Börse auf Talfahrt und hat bereits fünf Milliarden Euro Kapitalisierung verloren.

Diskussion über Teilverstaatlichung

Indes wird über eine Teilverstaatlichung von Autostrade diskutiert. Ministerpräsident Giuseppe Conte hält einem Vertrauten zufolge eine Teilverstaatlichung für "keine schlechte Idee". Zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen hatten der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch gesagt, die Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) könnte nach dem Einsturz der Brücke in Genua die Mehrheit an dem Betreiber Autostrade übernehmen.

Von der Idee sind nicht alle begeistert: Verkehrsminister Danilo Toninelli sagte in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Tageszeitung "La Verita", er wisse von diesem Vorstoß nichts. Ähnlich habe sich schließlich auch schon das Wirtschaftsministerium geäußert.

Wie sehr die Koalition aus der rechten Lega und der populistischen Fünf Sterne-Bewegung mit ihrer Reaktion auf das Unglück mit 43 Toten ringt, zeigte sich auch an den Äußerungen von Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini. Er sei gegen eine Verstaatlichung des landesweiten Autobahnnetzes, sagte er am Donnerstag in einem Radio-Interview. Er könne sich aber eine Mischung aus einem öffentlichen und privaten Management der Straßen vorstellen.

Die Regierung wirft dem Autobahn- und Brückenbetreiber Autostrade Sicherheitsmängel vor. Das Unternehmen, das mehr als die Hälfte aller italienischen Mautstraßen betreibt, gehört zu 88 Prozent der börsennotierten Holding Atlantia, die von der Unternehmerfamilie Benetton beherrscht wird. Gut zwölf Prozent der Anteile an Autostrade liegen bei internationalen Infrastruktur-Investoren, zu denen der deutsche Versicherungsriese Allianz zählt. (APA, red, 23.8.2018)