Vergleicht das System Kurz mit jenem des Vormärz: Jarolim.

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Wien – Gegen das Standortsicherungsgesetz, das vor allem bei der Genehmigung von Großprojekten eine Verfahrensbeschleunigung bringen soll, entsteht eine immer breitere Ablehnungsfront: Dass Projekte nach einem Jahr ergebnislosem Behördenverfahren automatisch als genehmigt gelten sollen, stößt vor allem Umweltschützern, aber auch Oppositionsparteien sauer auf. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim fühlt sich angesichts des Vorgehens der Regierung an die Zeiten des Staatskanzlers Klemens Wenzel Lothar von Metternichs (1773–1859) erinnert. Zum Zweck der "Spin Control" werde Expertise und Informationsaustausch im Stellungnahmeverfahren unterbunden.

Womit sich Jarolim tröstet: Nachhaltige Folgen werde das Gesetzwerdungsverfahren nicht haben, denn der Verfassungsgerichtshof werde das Gesetz so gut wie sicher aufheben, ist Jarolim überzeugt.

Skurrilstes Begutachtungsverfahren

Dieses Begutachtungsverfahren war für den SPÖ-Justizsprecher "das skurrilste der Republik" – hat doch das Umweltministerium seine Stellungnahme zum Entwurf des Wirtschaftsministeriums nicht veröffentlicht und der im Justizministerium angesiedelte Verfassungsdienst gar keine abgegeben.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe den Beamten offenbar ein "Schweigegelübde" auferlegt, um zu verhindern, dass verfassungsrechtliche Probleme des Regierungsvorhabens offengelegt werden. Jarolim sieht auch den Generalsekretär im Justizministerium, Christian Pilnacek, gefordert: "Ein Generalsekretär müsste dafür einstehen, dass angelagerte Behörden nicht auf Druck bzw. aus unsachlichen Überlegungen vor Stellungnahmen zurückschrecken." Denn der Verfassungsdienst sollte eigentlich die Garantie sein, dass in Gesetzen grundrechtliche Maßstäbe eingehalten werden, meinte Jarolim.

Die ÖVP reagierte vor allem auf den Metternich-Vergleich pikiert und forderte eine Abrüstung der Worte.

Schramböcks "zu progressiver Entwurf"

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) war bemüht, die heftige Kritik herunterzuspielen. "Vielleicht war unser Vorschlag ein bisschen progressiv, das ist bei Start-ups auch manchmal so", sagte Schramböck bei einer Presseveranstaltung, die dem Thema der Start-up-Förderungen gewidmet war.

Manche würden vielleicht einen konservativeren Ansatz bevorzugen. Zur Frage, ob der Entwurf nun umfassend überarbeitet werde, verwies Schramböck darauf, dass Änderungen ganz normal seien. Der Gesetzesentwurf sei mit den eigenen Experten erarbeitet worden, und nun würden auch noch Einschätzungen anderer Experten eingearbeitet. Einen solchen Prozess gebe es immer.

Tiroler Grüne wollen neue Begutachtung

Die Tiroler Grünen fordern bei der angekündigten Überarbeitung des Standortentwicklungsgesetzes eine neuerliche Begutachtung. Der folgende Prozess dürfe "nicht hinter verschlossenen Türen" erfolgen, argumentierte am Donnerstag der Klubobmann der Tiroler Grünen, Gebi Mair, der einmal mehr massive Kritik am geplanten Vorhaben äußerte.

"Das Gesetz ist so daneben, das muss ganz neu aufgesetzt werden", so Mair. Die geplante Genehmigungsautomatik für Großprojekte sei in den Stellungnahmen als verfassungs- und europarechtswidrig, sogar als "rechtsfern" bezeichnet worden. Die Überarbeitung dürfe keinesfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen, meinte der Tiroler Grüne. (cs, APA, 23.8.2018)