Die Beamten der Ressorts für Wirtschaft, Innovation und Wissenschaft haben gut zusammengearbeitet. Einiges am neuen Forschungsfinanzierungsgesetz gilt es jedoch näher zu betrachten.

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Die Bundesregierung kann derzeit gute Nachrichten brauchen, und im letzten Ministerrat haben die Beamten der Ressorts für Wirtschaft, Innovation und Wissenschaft geliefert. Stolz präsentierten Faßmann & Co einen prall gefüllten wissenschaftspolitischen Fahrplan, der im Frühjahr 2019 im Rahmen eines Forschungs- und Technologie-Gipfels der Bundesregierung abgeschlossen und dann in eine Reihe von maßgeblichen gesetzlichen Initiativen umgesetzt werden soll.

Der Fahrplan stellt sinnvolle Interventionen in die Organisationsstruktur der staatlichen Wissenschaft in Aussicht (alle Zitate im Folgenden stammen aus der oben verlinkten Ministerratsvorlage). Mehr Geld für die akademische (aka: "Grundlagen"-)Forschung. Eine neue Gestaltung der, wie es heißt, "Governance des österreichischen Forschungs- und Innovationssystems" – also mehrjährige Budgetpfade für die Forschungsförderungsagenturen (FWF, FFG, AWS) sowie ausgewählte außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Zusammenlegung der bestehenden Beratungsgremien der Regierung und des Nationalrats. Und eine "gesamtösterreichische Forschungsförderungsdatenbank", die "eine umfassende und transparent nachvollziehbare Dokumentation der gesamten Forschungsförderung des Bundes und der Länder" gewährleisten soll.

Lob und Kritik

Die Initiative der Regierung kommt auch inhaltlich zur richtigen Zeit. Der angekündigte Gipfel 2019 wird sich vor allem dem Verfassen einer neuen FTI-Strategie widmen (die aktuelle läuft im Jahr danach aus); in der Zwischenzeit wird auch ein OECD-Länderbericht zum österreichischen Innovationssystem fertiggestellt, der eine externe Perspektive auf bestehende Probleme wirft. Schön, dass man sich auf dem Weg ein paar ehrgeizige Ziele gesetzt hat, und noch schöner ist, dass es durchaus so wirkt, als wenn es diesmal nicht – wie in der Vergangenheit zu oft – bei bloßen Absichtserklärungen bleibt.

Bei allem Lob für die gute und zielgerichtete Arbeit der Beamten möchte ich ein paar kritische Punkte und offene Fragen aufwerfen. Beginnen wir mit der "Stärkung und Weiterentwicklung der kompetitiven Grundlagenforschung" – die ist längst überfällig, wie man aus einem einfachen Vergleich der Mittelausstattung von FWF und seinen nationalen Pendants in Europa weiß.

Blick auf Deutschland

Dass dazu der Begriff "Exzellenz" verwendet wird, ist vielleicht keine ganz zeitgemäße Entscheidung, der Begriff hat seine politische Hochkonjunktur schon hinter sich. Die angekündigte "Exzellenzinitiative" lässt mich eher besorgt an Deutschland denken. Dort wurde unter dem selben Titel viel Geld in die Hand genommen und institutionell einiges bewirkt. Aber der Schlussbericht der Internationalen Expertenkommission befasste sich – nach zehn Jahren Laufzeit! – vor allem mit diversen universitätspolitischen und -organisatorischen Baustellen.

Ernüchternd war das Ergebnis, dass zusätzliche Stellen vornehmlich temporär eingerichtet wurden und sich die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht wesentlich verbessert hätte. Bleibt zu hoffen, dass in Österreich eine nachhaltigere Mittelverwendung angestrebt wird.

Forschungsfinanzierung

Das so genannte "Forschungsfinanzierungsgesetz" ist vielleicht das ambitionierteste Projekt: damit sollen sowohl Forschungsförderer als auch Forschungsorganisationen unter einen verbindlichen (gemeinsamen?) Rahmen gepackt werden. Die Schwierigkeit, die intermediären Förderagenturen effizient und zielorientiert zu steuern, ist hinlänglich bekannt (wen es interessiert, hier eine lesenswerte Publikation.

Die außeruniversitären Forschungsorganisationen wiederum sind seit der unglückseligen Sparmaßnahme der damaligen Ministerin Beatrix Karl weitgehend unkoordiniert. Schön, dass nun von "nicht kürzbaren Obergrenzen" die Rede ist. Gespannt sein darf man, wie die Regierung in Bezug auf einige sensible, bislang nur angerissenen Punkte vorgeht, insbesondere betreffend "klar definierter Kriterien" für die "strategische Steuerung" und Budgetausstattung der einzelnen Einrichtungen.

Neugierig bin ich auch, wer in die Liste der "zentralen Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen" aufgenommen werden. Wollte man wirklich einmal "die Aufgaben und Rollen" der verschiedenen Institute und Organisationen "genauer zu definieren" und diese dann in einem quasi rollierenden "FTI-Pakt" mit "strategischen Zielvorgaben" versehen, müsste man auch die größeren, etablierten Institute miteinbeziehen, die bisher großteils als eigenständige "Vereine" organisiert sind. (Hinweis an den Leser: als Angestellter eines solchen Instituts bin ich bei diesem Punkt kein neutraler Beobachter!) Äußerst ambitioniert wäre in so einem Fall der Zeitplan: das "Forschungsfinanzierungsgesetz" soll "anlässlich des FTI Gipfels" im Frühjahr 2019 schon dem Ministerrat vorgelegt werden.

Rat und Tat

Die "Zusammenlegung" der drei bestehenden (Bei-)Räte RFTE, Wissenschaftsrat und ERA Council Forum wurde auch schon in einigen früheren Regierungsabkommen immer wieder versprochen. Entscheidend ist hier weniger, dass diese Zusammenlegung stattfindet, sondern mit welchen Ressourcen, Aufgaben und Freiheiten ein daraus entstehender, konsolidierter Rat ausgestattet sein wird.

Aufmerksam macht mich da die Formulierung von einem "Beratungsgremium der Bundesregierung" – zu bemerken ist erstens, dass zumindest beim Wissenschaftsrat bislang vorgesehen war, dass er auch Nationalrat und Landräte berät. Zweitens zeigt ein Blick in die Geschichte, dass derlei Räte in Österreich bisher vergleichsweise wenig Autonomie und Gestaltungskraft zugestanden bekommen haben (mit wenigen, kurzen Ausnahmen). Zu alldem bleibt der Vortrag vage. Immerhin soll das neue Gebilde "nach internationalem Vorbild" gemodelt sein, "ergänzt um volkswirtschaftliche Kompetenz" – letzteres bezieht sich vielleicht um die kompetente Einschätzung des Innovationspotentials künftiger forschungs- und technologiepolitischer Maßnahmen.

Zuletzt wird auch noch eine "Forschungsförderungsdatenbank" angekündigt. Nun gibt es eine Bundesforschungsdatenbank schon seit 2008: sie beinhaltet alle von Bundesorganisationen beauftragten Projekte sowie – als Gesamtsumme – die jährlichen Projektausschüttung der Forschungsförderer. Im Vortrag wird allerdings auf eine spezifische Anregung des Rechnungshofs Bezug genommen, mithin eine Datenbank, die auch die entsprechenden Ausgaben der Länder inkludiert. Umfassendere sowie detailliertere Einträge wären hier natürlich sehr wünschenswert; die alte Frage ist halt, wie sehr die Länder mitziehen.

Lösungsorientierte Beamtenschaft

Wir sehen hier bereits die (ungefähr) zwei-einhalbte forschungspolitische Initiative dieser Regierung – nach der Überarbeitung des Forschungsorganisationsgesetzes, welches die Datenschutz-Grundverordnung nutzt, um die wissenschaftliche Forschung an Administrativdatensätzen systematisch regulierbar zu machen; und die Uni-Finanzierung, die freilich wenigstens zur Hälfte noch der vorigen Bundesregierung und der Initiative einzelner Parlamentarierinnen während der koalitionsfreien Zeit anzurechnen ist (auch wenn ich der neuen Regierung damals noch nicht zutraute, den Sack zuzumachen).

Deutlich zu erkennen ist die Handschrift einer lösungsorientierten Beamtenschaft, die auf Leitungsebene gut und überparteiisch zusammenarbeitet. Das tat sie freilich schon unter vorherigen Regierungen, was die gelehrige Frage aufwirft, warum große Koalitionen zuletzt solche Schwierigkeiten hatten, davon zu profitieren. Aber das mögen politische Historiker beantworten. Wir freuen uns jetzt einmal vorsichtig, dass etwas weitergeht. (Thomas König, 23.8.2018)