Julian Nagelsmann (links) war als Trainer der Bayern im Gespräch, aber Niko Kovac ist es geworden – am Freitag trifft man aufeinander.

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Wetten, dass Bayern München zum siebenten Mal en suite deutscher Meister wird, bringen vor dem Auftakt der 56. Bundesliga-Saison am Freitag keine hohen Quoten. Immerhin sagt Österreichs Bayer David Alaba völlig zu Recht, dass Titel keine Selbstläufer sind.

Sepp Herberger, der legendäre Bundestrainer, soll einmal gesagt haben, dass die Leute zum Fußball gehen, "weil sie nicht wissen, wie es ausgeht". Mittlerweile aber ist es so, dass die Leute zumindest in Deutschland zum Fußball gehen, obwohl sie wissen müssten, wie es ausgeht. Denn dass der FC Bayern München die siebente Meisterschaft en suite gewinnt, steht für alle Experten außer Frage – sofern sie nicht Christian Heidel heißen.

Wenn der Dauerkartenvorverkauf ein Indiz für das Interesse an der 56. Saison der Bundesliga ist, dann wird klar: Sie hat an Anziehungskraft vorerst nichts eingebüßt. Nicht durch das Debakel der Nationalmannschaft bei der WM, nicht durch die Hegemonie der Bayern, nicht durch die taktische Einfallslosigkeit, nicht durch die mangelnde Qualität vieler Vereine – auch international.

Zweifel an Dominanz

Und doch mag nicht einmal der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) von einer rosaroten Zukunft oder Gegenwart sprechen. "Wer heute glaubt, den Status quo verwalten zu können, wird mittelfristig scheitern", sagte Christian Seifert. "Wer sich mit Durchschnitt zufriedengibt", ergänzte er, "wird die Menschen nicht halten. Er wird sie verlieren." Die Mahnung stammt vom Neujahrsempfang der DFL im Jänner.

"Die Bundesliga, und das weiß sie auch, muss aufpassen, dass die Dominanz des FC Bayern nicht immer schädlicher für das Gesamtkonstrukt wird", sagt Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn. Er glaubt, dass Hoffenheim, Schalke, Dortmund, Leipzig und Mönchengladbach in der Lage sind, "um die Champions-League-Plätze mitzuspielen", dass sie den Bayern gefährlich werden könnten, "wage ich zu bezweifeln".

Schalke-Sportvorstand Heidel sieht das ein bisschen anders. "Mein Gefühl sagt mir, dass der FC Bayern nicht noch einmal so dominant sein wird." Bereits sein Trainer aber widerspricht ihm. "Meister werden die Bayern, weil sie schlicht den besten Kader haben", sagte Domenico Tedesco. Bemerkenswert: Die Münchner haben vorerst nur einen neuen Spieler geholt, Leon Goretzka – ablösefrei von Schalke.

Ansage aus Hoffenheim

Trainer Julian Nagelsmann hat immerhin gesagt, seine TSG Hoffenheim werde alles versuchen, um Meister zu werden. Ob sie dazu in der Lage ist, wird das Auftaktspiel am Freitag (20.30 Uhr, ZDF) bei den Bayern zeigen. Grundsätzlich solle außer den Münchnern keiner glauben, Meister werden zu können, sagt Rudi Völler, Sportgeschäftsführer bei Bayer Leverkusen: "So naiv kann man nicht sein."

Lohnende Ziele bleiben freilich die drei Plätze in der Champions League, die nicht vom FC Bayern belegt werden: Um diese wieder zu erreichen, haben die Dortmunder mehr als 70 Millionen Euro für neues Personal ausgegeben, unter anderem für Axel Witsel, den belgischen WM-Dritten. 25 Millionen kostete Abdou Diallo von Mainz. Knapp 40 Millionen investierte Schalke.

Im internationalen Vergleich könnte dies zu wenig sein. Im Europacup ist nur noch der FC Bayern eine feste Größe, die anderen deutschen Klubs sind allenfalls Mitläufer. Für die Münchner ist das ein Problem: "Wir müssen aufpassen", sagt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, "die Bundesliga ist ein gutes Produkt, aber es ist entscheidend, wie wir uns international präsentieren."

Vorfreude überwiegt

Allerdings: In der ersten Saison ohne den Hamburger SV geht es an vielen Standorten zunächst darum, im Kampf gegen den Abstieg Land zu gewinnen. Rekordaufsteiger Nürnberg hat dafür nur einen Etat von 28 Millionen Euro zur Verfügung, Mitaufsteiger Fortuna Düsseldorf mit 32 Millionen nicht viel mehr. Die finanziellen Unterschiede und damit auch die sportlichen werden immer größer.

Und doch hat unter anderem Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl festgestellt, dass "die Vorfreude der Fans ungebrochen ist". Sepp Herberger würde das wohl nicht verstehen. (red, sid, 23.8.2018)