US-Schauspieler Jimmy Bennett wirft der italienischen Schauspielerin und Regisseurin Asia Argento Missbrauch vor.

Foto: APA/AFP/FREDERICK M. BROWN/LOIC VENANCE

Jimmy Two-Takes, so wurde der US-Schauspieler Jimmy Bennett als Kind am Set gerufen. Sein Talent, nur zwei Aufnahmen für eine Szene zu benötigen, brachte ihm den anerkennenden Spitznamen ein. Cool und ohne jede Spur von Nervosität trat er auch 2006 in der Show von US-Komiker Jimmy Kimmel auf. Mit lässiger Lederjacke bekleidet, betrat der damals Zehnjährige das Studio zur Musik von AC/DC, die er als Hardrock-Fan selbst ausgewählt hatte.

Der in Kalifornien geborene Kinderstar schien gute Chancen auf eine steile Karriere in Hollywood zu haben. Er spielte an der Seite von Stars wie Eddie Murphy, Bruce Willis und Ryan Reynolds. Wegen seiner eindrucksvollen Leistung in Asia Argentos Film Das Herz ist eine hinterlistige Person von 2004 wurde er von Kritikern gar als künftiger Charakterdarsteller gehandelt. Mit nur sieben Jahren überzeugte er darin als Sohn einer nach Crystal Meth süchtigen Frau zwischen Obdachlosigkeit, Drogenrausch und Missbrauch. Argento führte Regie, schrieb am Drehbuch mit und spielte die Hauptrolle. Der Film feierte 2004 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes Premiere.

Der Kontakt blieb danach offenbar eng. "Ich warte auf meinen lang verlorenen Sohn", schrieb Argento am 10. Mai 2013 auf Instagram. Bennett war 17 Jahre alt, seine Karriere war ins Stocken geraten und Argento eine erfolgreiche Regisseurin und Schauspielerin. Er beschuldigt sie nun, ihn an jenem Tag missbraucht zu haben.

In den vergangenen Jahren wurde es um den heute 22-Jährigen ruhiger. Die Liste an Nebenrollen ist überschaubar; er wirkte etwa in der Krimiserie Bosch mit. Bennett macht für die Flaute das Trauma nach dem sexuellen Übergriff verantwortlich. Auf Insta gram präsentiert er 2018 vor allem seine Musikprojekte. Das Image des niedlichen Kinderstars hat er abgelegt. Er raucht Kette, zeigt seine Tattoos, die zerzausten Haare sind bunt gefärbt.

In den letzten Tagen zeigt sich, dass Missbrauch von Männern durch Frauen noch immer zum Teil bagatellisiert wird. "Er schaut nicht traumatisiert aus", urteilt ein User unter dem Insta gram-Foto von 2013. Es könne doch nicht sein, dass ein 17-Jähriger nicht mit so einer Frau Sex haben will, sagt ein anderer. Nach dieser Logik entscheidet das Geschlecht über die Möglichkeit, missbraucht zu werden. Bennett könnte daher – unabhängig von Argentos Schuldfrage – die Debatte um Macht, Privilegien und Missbrauch in Hollywood weiterdrehen. (Julia Schilly, 23.8.2018)