EZB-Beobachter erwarten verstärkten Falkenflug. Bundesbankchef Jens Weidmann gilt als aussichtsreicher Draghi-Nachfolger. Der wahrscheinliche OeNB-Gouverneur Robert Holzmann könnte ihm zu Seite stehen.

Robert Holzmann wird 70, sollte er Ende August 2019 die OeNB als Gouverneur übernehmen.

Foto: Chantall Holzmann

Wien – Falkenhorst oder Taubenkobel? Das ist in diesem Fall keine Frage für Ornithologen oder Gourmets, sondern stellt sich aktuell den Beobachtern der künftigen Ausrichtung der Oesterreichischen Nationalbank im Euroraum. Als Falken werden Anhänger einer weniger lockeren Geldpolitik und somit höherer Zinsen bezeichnet. Die Tauben hingegen stehen für die aktuelle Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und das ausgedehnte Anleihekaufprogramm.

Mit der erwarteten Designierung von Robert Holzmann als Gouverneur durch die FPÖ steht künftig ein in geldpolitischen Belangen unbeschriebenes Blatt an der Spitze der heimischen Währungshüter. Ein Indiz: Der Ökonom bezeichnete sich in der Vergangenheit als wirtschaftsliberal.

Internationale Institutionen

Dabei mangelt es dem 69-Jährigen nicht an internationalem Renommee: Der gebürtige Leobner studierte Wirtschaftswissenschaft in Graz und Grenoble. An der Universität Wien habilitierte Holzmann 1983 mit einer Arbeit zur Einkommensverteilung über den Lebenszyklus. Damals war Holzmann Assistent des heutigen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Dessen politischem Engagement, damals in der SPÖ, eiferte Holzmann nicht nach.

Stattdessen zog es den Pensionsexperten in die weite Welt. Nach Posten bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und beim Internationalen Währungsfonds startete Holzmann eine Karriere bei der Weltbank, wo der Steirer zwischenzeitlich sogar als Senior-Vice-Präsident fungierte.

Schulden schelten

Betrachtet man seine lange Publikationsliste, steht Holzmann für einen Umbau der Altersvorsorge von einem Umlagesystem auf ein Mischsystem, das demografische Herausforderungen nicht nur mit zusätzlichen Budgetmitteln begegnet, sondern eine Anpassung von Renten und Antrittsaltern einbezieht. Jüngst befasste er sich als Herausgeber eines Sammelbandes auch mit der Nachhaltigkeit der Staatsverschuldung.

Seine Arbeit auf geldpolitische Absichten zu übertragen ist gewiss gewagt. Doch die Sorge um nachhaltigen Schuldenabbau und die negativen Anreize, die da von der aktuellen EZB-Politik ausgehen, spricht eher für einen neuen Falken aus Österreich.

Keine Kehrtwende

Damit würde die OeNB jedoch keine Wende vollziehen. Auch der von der SPÖ nominierte aktuelle Gouverneur Ewald Nowotny hat die Position eines ehemaligen Hartwährungslandes im EZB-Rat vertreten. Heuer musste etwa ein EZB-Sprecher klarstellen, dass Nowotnys Wunsch nach einer weniger lockeren Geldpolitik nicht der offiziellen EZB-Politik entspricht.

Doch wie Meinungsverschiedenheiten zwischen Nowotny und dem deutschen Bundesbankchef Jens Weidmann über die Dringlichkeit des Anleihekaufprogrammes 2014 zeigen, gibt es auf der Falken-Front noch Luft nach oben für Österreich. Zumal Weidmann als wahrscheinlicher Draghi-Nachfolger gilt, hätte Holzmann einen Verbündeten auf dem Chefsessel der EZB.

Postenpoker

Dass ein seit Jahrzehnten im Ausland wirkender Entwicklungsökonom auf einem FPÖ-Ticket für den OeNB-Gouverneur landet, ist nicht nur seiner Kompetenz geschuldet. Holzmann war mit Jörg Haider befreundet und aktiv im liberalen Atterseekreis innerhalb der Partei.

Dort versammelten sich ab den 70er-Jahren vor allem Liberale die ihre Ideen in der programmatisch noch nicht so gefestigten freiheitlichen Partei durchsetzen wollten. Ein Versuch, der bekanntlich durch Jörg Haider vereitelt wurde.

Da war Holzmann jedoch bereits im Ausland gestartet. Für die FPÖ galt er weiter als stille Reserve. Unter Schwarz-Blau I wollte Finanzminister Karl-Heinz Grasser Holzmann als Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts einsetzen, vergeblich.

Mahrers multiple Machtzentren

Dass es der FPÖ diesmal bei der OeNB gelingt, den mächtigeren Gouverneur zu besetzen, ist auf zweiten Blick weniger überraschend. Der türkise Koalitionspartner hat mit der Besetzung des OeNB-Präsidenten durch WKO-Chef Harald Mahrer einen Kandidaten, der gar keine Zeit für Geldpolitik hätte.

Welches ÖVP-interne Kalkül hinter der Entscheidung für Mahrer steckt, bleibt jedoch Spekulationssache. Jedenfalls hat es Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner überrascht. Eigentlich habe man ihm Posten angeboten, sagte er in Die Presse. Mahrer selbst hätte ihm Unterstützung zugesagt.

Als OeNB-Gouverneur kann Robert Holzmann über dem politischen Geplänkel stehen. Geldpolitik ist formal unabhängig, zumindest von Wien. (Leopold Stefan, 24.8.2018)