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Nahezu jeder Mensch kennt es aus eigenem Erleben: Wut ist ein Gefühl, das mehr oder weniger langsam entsteht. Es hat weitreichende Konsequenzen. Menschen, die ihre Beherrschung schnell verlieren, tendieren dazu, ihre eigene Intelligenz zu überschätzen. Das wurde in einer neuen Studie der University of Western Australia in Perth und der University of Warsaw veröffentlicht.

Die Wissenschaftler haben die Rolle von charakterbedingter Wut, also Menschen, die aufgrund einer Veranlagung wütend werden, bei gleichzeitiger Überschätzung der kognitiven Fähigkeiten bei Bachelorstudierenden in Warschau untersucht.

Eine Sache der Persönlichkeit

Die Teilnehmer wurden darum gebeten, Fragen zu beantworten, die Rückschlüsse auf charakterbedingte Wut, mentale Stabilität und Narzissmus zuließen. Sie sollten darüber hinaus ihre Intelligenz auf einer 25-Punkte-Skala selbst bewerten. Anschließend nahmen sie an einem objektiven Intelligenztest teil. Daraus ergaben sich interessante Beziehung zwischen dem Persönlichkeitsmerkmal, schnell gereizt zu sein – bei kleinen und großen Anlässen – und der Wahrnehmung der eigenen Intelligenz aufzeigt.

"Wut kann in manchen Fällen die Konsequenz von verminderter emotionaler Stabilität, also beispielsweise von Ängsten, sein," so Gilles Gignac von der University of Western Australia. "In manchen Fällen ist es aber nicht Angst, die Frustration, Boshaftigkeit oder Wutausbrüche schürt. Hier scheint der Grund Narzissmus zu sein. Entsprechend bewerten die Narzissten auf Nachfrage ihre Intelligenz besonders hoch.

Die Ergebnisse dieser Studie beantworten wichtige Fragen zu den dynamischen Prozessen zwischen Zorn, emotionaler Stabilität und Narzissmus. Durch das bessere Verständnis von charakterbedingten Wutausbrüchen können Klinikärzte, Pflegepersonal und die Gesellschaft lernen, besser mit ihnen umzugehen. Die Studie führt zu einigen wichtigen Spekulationen, die künftig erforscht werden können.

Spielarten von Narzissmus

"Die Hauptpersönlichkeitsstörung des Narzissten bzw. des grandiosen Narzissten ist eine übertriebene positive Selbstwahrnehmung," sagt Gignac. "Es ist also nicht allzu überraschend, dass wir eine Verbindung zwischen den Narzissten und der Überschätzung der eigenen Intelligenz sehen". "Das Interessante aber ist, dass die charakterbedingte Wut in diesem Prozess wohl auch eine Rolle spielt.

Es wird vermutet, dass sich bei vielen grandiosen Narzissten dieses Wutgefühl mit der Zeit entwickelt, wenn ihnen langsam bewusst wird, dass es einen Unterschied zwischen der eigenen Wahrnehmung ihrer eingebildeten Großartigkeit und ihren tatsächlichen Leistungen und Errungenschaften gibt." (red, 27.9.2018)