Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat die Abschaffung des Rauchverbots in der Gastronomie mitgetragen. Dabei steigt die Zahl der Lungenkrebserkrankungen in Österreich, wie sie in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos schreibt.

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Wien – Die gute Nachricht zuerst: Insgesamt sinkt die Zahl der Krebserkrankungen und der Todesfälle infolge von Krebs in Österreich. Nur bei wenigen Krebsarten ist das Gegenteil zu bemerken, das ist die schlechte Nachricht. Bei Lungen-, Bauchspeicheldrüsen- und Hautkrebs, aber auch bei Krebs im Hals- und Kopfbereich steigen die Zahlen gering, aber stetig.

Warum diese Erkrankungen herausstechen und was dagegen geplant ist, wollte Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer parlamentarischen Anfrage von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wissen. Für Loacker geht aus der Beantwortung der Ressortchefin hervor, dass Österreich viel Nachholbedarf bei Vorsorgeuntersuchungen hat. Die Verantwortung dafür sieht er bei der türkis-blauen Regierung.

"Rauchverbot kostet nichts und bringt viel"

Loacker vermisst im Regierungsprogramm das Thema Vorsorge. Dem STANDARD sagt der Parlamentarier: "Die Regierung ist nicht sehr präventionsfreudig." Besonders bedauerlich findet er das bei Lungenkrebs, hier könnten einfache Gegenmaßnahmen gesetzt werden, doch da habe die Gesundheitsministerin wegen ihrer Partei einen Rückzieher gemacht: "Das Rauchverbot in der Gastronomie hätte nichts gekostet und viel gebracht." 95 Prozent der Lungenkrebsfälle seien auf Rauchen zurückzuführen. "Wissen tut man es ja", sagt Loacker, umso weniger versteht er, warum Hartinger-Klein die Rücknahme des Rauchverbots mitgetragen hat. Die Ministerin geht auf den Risikofaktor Rauchen auch in ihrer Beantwortung ein und verweist auf Rauchstopp-Programme, sie seien Teil des Krebsrahmenprogramms.

Insgesamt nähmen die Vorsorgebemühungen zu, aber zu wenig, kritisieren die Neos. Ein positiver Trend ist bei der Brustkrebsvorsorge zu bemerken, 36,8 Prozent der 45- bis 69-jährigen Frauen gingen zuletzt zur Mammografie. Deutlich geringer ist die Akzeptanz bei der Darmkrebsvorsorge. 2015 unterzogen sich 47.266 Personen einer Koloskopie, einer Darmspiegelung zur Früherkennung von Tumoren. 2016 waren mit 46.806 knapp weniger, die das Angebot in Anspruch nahmen, für 2017 liegen laut Ministerium noch keine Zahlen vor. Dabei geht das Gesundheitsministerium von 600.000 Personen in Österreich aus, die einem erhöhten Darmkrebsrisiko unterliegen.

Systemkritik

Sie werden auch gezielt zu Vorsorgeuntersuchungen eingeladen, doch nur 8,6 Prozent von ihnen nehmen das Angebot auch in Anspruch. "Das ist zu wenig", befindet Loacker. Denn die stationären Kosten für eine Darmkrebstherapie beziffert das Ministerium mit 22.000 Euro pro Jahr und Patient. Immerhin ist Dickdarmkrebs die zweithäufigste Tumorart bei Frauen und die dritthäufigste bei Männern – 4.000 Erkrankungen gibt es jährlich, die Hälfte davon endet tödlich. Der Neos-Parlamentarier sieht hier gewaltiges Potenzial in der Früherkennung, nicht nur aus Kostengründen. Bewusst ist das auch der Gesundheitsministerin. Sie will ein "nationales Komitee für Screening auf Krebserkrankungen" etablieren.

Dass Prävention aus Sicht der Neos vernachlässigt wird, erklärt Loacker als Fehler im Gesundheitssystem. "Die Krankenkassen haben kaum Nutzen, in Vorsorge zu investieren, da die Spitäler die Behandlungskosten tragen", erklärt er. Es werde einmal mehr deutlich, wie wichtig eine Finanzierung aus einer Hand für das Gesundheitssystem sei. Außerdem sollen auch die Patienten zu mehr Eigenverantwortung bewegt werden, indem gesundheitsförderndes Verhalten belohnt werde. "Wer etwa zu Vorsorgeuntersuchungen geht, könnte sich Rezeptgebühren ersparen", schlägt Loacker vor. Seine Kritik richtet sich aber vor allem an die Regierung. Sie reiße im Gesundheitsbereich nur verschiedene Dinge an, ohne sich um einfache, effektive Maßnahmen zu kümmern, die Nutzen stiften und nachweislich etwas bringen. "Es reicht nicht, nur an der Kassenstruktur zu schrauben", spielt er auf den Sozialversicherungsgipfel am Donnerstag an. (Marie-Theres Egyed, 24.8.2018)