Ein Gewitter, das sich über dem Untersberg zusammenbraut. Das Risiko für Extremniederschläge nimmt zu.

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Graz/Feldbach – Diese Erfahrung dürften die meisten von uns schon gemacht haben: Man wird bei einem plötzlich einsetzenden heftigen Gewitterregen nass bis auf die Knochen, erzählt später anderen davon, die nur wenige Kilometer entfernt waren – und stellt fest, dass die nicht einen Tropfen abbekommen haben.

Forscher der Universität Graz haben sich nun solchen kleinräumigen Extremniederschlägen eingehend gewidmet und dabei festgestellt, dass derartige Ereignisse nur unzureichend erfasst werden können. Der Grund: Die Stationen der üblichen Wetterdienst-Messnetze sind rund zehn Kilometer oder mehr voneinander entfernt. Selbst extreme Regengüsse können da durchs Netz rutschen. Die Folge: Die Gesamtmenge des Niederschlags und damit das damit verbundene Risiko wurden bisher unterschätzt.

Hohe Datendichte gezielt ausgedünnt

Für eine im Fachjournal "Geophysical Research Letters" erschienene Arbeit berechneten die Forscher um Katharina Schröer und Gottfried Kirchengast den Grad der Unterschätzung in Abhängigkeit von der Stationsnetzdichte. Die Resultate sollen in Zukunft bei der Risikobewertung und Extremwettermodellierung genutzt werden können.

Als Ausgangslage konnten die Forscher auf ein sehr dichtes regionales Netz in der Steiermark zurückgreifen: Rund 150 Stationen in der Region Feldbach sind jeweils nur ein bis zwei Kilometer voneinander entfernt und zeichnen seit 2007 im Fünf-Minuten-Takt Daten zu Temperatur, Niederschlag und weiteren wichtigen Klimagrößen auf. Die Stationen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und des Österreichischen Hydrografischen Dienstes sowie des von der Uni Graz betriebenen WegenerNet lieferten ergänzende Daten.

Diese hohe Dichte an Messdaten haben die Forscher anschließend sukzessive ausgedünnt, von einem Kilometer Abstand zwischen den Stationen bis auf 30, und sahen sich an, wie gut die Messdaten noch dem tatsächlichen Wettergeschehen entsprachen. "Dabei haben wir entdeckt, dass der maximale Flächenniederschlag bei einer Ausdünnung von einem auf fünf Kilometer bereits um die Hälfte unterschätzt wird, bei zehn Kilometern sogar um zwei Drittel", sagt Schröer.

Starkregen liegt im Trend

Diese Gesetzmäßigkeit gelte speziell für die landschaftlichen und klimatischen Bedingungen des Alpenvorlandes sowie ähnlicher Gebiete der Erde, wo an heißen Sommertagen die typischen hoch aufquellenden Gewitterwolken entstehen. Da wärmere Luft auch mehr Wasserdampf halten kann, führt das insgesamt zu intensiveren Niederschlägen.

Die neu errechneten Abhängigkeiten der Regenintensität von der Messdichte und der Temperatur lassen nun zuverlässiger bestimmen, welche Starkregenmengen tatsächlich in kurzer Zeit in räumlich eng begrenzten Gebieten niedergehen können. "Diese Informationen sind zum einen für hydrologische Modelle zur Vorhersage von Sturzfluten und Überschwemmungen von Bedeutung und ermöglichen, Schutzmaßnahmen, wie etwa Bachverbauungen, angemessener zu dimensionieren", sagt Kirchengast.

Wie die Forscher kürzlich für Südostösterreich herausfanden und in der Fachzeitschrift "Climate Dynamics" berichteten, nimmt die Intensität der kurzzeitigen Extremniederschläge mit jedem Grad Anstieg der Tagesmitteltemperatur um etwa neun bis 14 Prozent zu. "Nun ist beispielsweise in der Südoststeiermark seit den frühen 1970er-Jahren die durchschnittliche Sommertemperatur von rund 18 auf 21 Grad Celsius gestiegen und damit auch die Tagesmitteltemperatur. Wir erwarten also, dass sich mit dem Klimawandel auch das Risiko durch intensive Gewitterniederschläge erheblich erhöht", so Schröer. (APA, red, 24. 8. 2018)