Noch schießt keiner scharf – doch für den Wolf wird es eng

APA/HERBERT PFARRHOFER

Zumindest in Teilen des Waldviertels dürfte es für Meister Isegrim schon bald ungemütlich werden. Nachdem Wölfe zwar die Geißlein verschmähten, aber immerhin in den letzten Wochen 31 Schafe auf den Speiseplan setzten, dürfen in drei Gemeinden der Region so genannte Vergrämungsmaßnahmen gesetzt werden. Konkret ist es per Bescheid bis Jahresende erlaubt, einerseits Schreckschüsse abzufeuern, anderseits aber auch dem Wolf gezielt eins mit dem Gummigeschoß über den Pelz zu ziehen.

Keine Bestie

Die geplanten Maßnahmen lassen nicht nur die Wölfe, sondern auch die Tierschützer laut aufheulen. Die "grenzenlose Hetze" gegen den Wolf müsse endlich ein Ende haben, fordert etwa Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken (VGT). Ständig wiederholte apokalyptische Horrorszenarien seien völlig lächerlich.

"Der Wolf ist weder eine reißende Bestie noch ein Kuscheltier. Wir müssen mit seiner natürlichen Rückkehr sachlich und professionell umgehen", setzt WWF-Experte Christian Pichler nach.

Gummigeschoße oder Schreckschüsse gegen Wölfe wären aus Sicht des WWF – wenn überhaupt – nur in Kombination mit Herdenschutz erfolgreich. Dieser müsse "endlich forciert" werden. "Die betroffenen Nutztierhalter verdienen unser Mitgefühl, denn der Anblick von verletzten oder toten Weidetieren ist auch eine emotionale Belastung. Genau das sollte den Behörden ein Ansporn sein, Übergriffe auf Weidetiere mit den entsprechenden Maßnahmen vermeiden zu helfen", so Pichler.

Ruf nach Förderungen

Georg Rauer, Wildbiologe und Wolfsbeauftragter der Vetmed-Uni Wien, sieht zwar in den nun erlaubten Vergrämungsmaßnahmen "eine Handlungsmöglichkeit", zweifelt aber daran, dass der erhoffte Lerneffekt eintreten wird. "Natürlich verjagen sie mit einem Gummigeschoß einen Wolf. Aber die Vergrämung wird nicht nachhaltig sein. Da müssten sie dem immer gleichen Wolf viele Male einen ordentlichen Schrecken einjagen."

Deutlich wichtiger seien hingegen entsprechende Herdenschutzmaßnahmen wie höhere und vor allem stabilere Zäune. "Vielerorts schaut man ja nur, dass die Schafe nicht weglaufen können, und denkt nicht an Löcher im Zaun, durch die dann ungebetener Besuch kommt", so Rauer. Und der Wolfsanwalt sieht da auch die Politik säumig: "Für adäquate Schutzmaßnahmen braucht es endlich auch in Österreich entsprechende Förderprogramme."

Ein Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf sei in Österreich möglich. Rauer: "Es geht immer darum, was man will und was man bereit ist zu tun." Nachsatz: "Ein Paradies wird nie entstehen. Es wird immer entsprechende Schutzmaßnahmen brauchen." Was mögliche Abschüsse betrifft, hat der Experte eine klare Haltung: "Wenn ein Tier für den Menschen gefährlich wird, dann muss auch eine Entnahme möglich sein." Schafrisse allein würden aber nie einen Abschuss rechtfertigen.

Plan A bis C in Südtirol

Todernst wird es für den Wolf übrigens aktuell in Südtirol. Einmal zum Problem erklärt, greift künftig ein Maßnahmenkatalog. Vorgesehen sind drei Eskalationsstufen. Maßnahme A sieht die verstärkte Überwachung und Abschreckung mit Licht und Lärm vor. Maßnahme B hat zum Ziel, das Tier gezielt zu vergrämen bzw. die Scheu des Wolfes vor dem Menschen wiederherzustellen. Maßnahme C sieht die Entnahme, also den Abschuss, des Tieres vor.

Sobald etwa ein Wolf einen Menschen verfolgt, wird nach Stufen A und B auch Maßnahme C wirksam. Ein Abschuss ist aber auch vorgesehen, wenn die Wolfsrisse trotz Schutzmaßnahmen eine bestimmte Anzahl von Weidetieren überschreiten. (Markus Rohrhofer; 24. 08. 2018)