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Die jüngsten Äußerungen des Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer (ÖVP) im Interview mir dem STANDARD stoßen bei der Opposition auf Kritik: Darin räumte er ein, dass er das Ausmaß des Fachkräftemangels unterschätzt habe.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sagte in einer Aussendung: "Jeder Mensch, der mit zwei offenen Augen durch unser Land fährt und sich mit Vertretern der Wirtschaft unterhält, weiß, dass es Bedarf an Fachkräften gibt."

Dass ausgerechnet der Präsident der Wirtschaftskammer das offenbar nicht wisse, werfe kein gutes Licht auf die Personalauswahl der Regierung. "Harald Mahrer hat mittlerweile offenbar einfach zu viele Funktionen, um zu erkennen, dass die Politik der Regierung den Fachkräftemangel vergrößert", meinte Lercher in Anspielung auf die Bestellung des WKÖ-Chefs zum Präsidenten der Oesterreichischen Nationalbank Mitte dieser Woche.

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn kommentierte Mahrers Überraschung über das Ausmaß des Fachkräftemangels mit den Worten: "So geht es einem Präsidenten, wenn man von Unternehmertum und Praxis nichts versteht."

Besorgt um Lehrwerkstätten

Der Fachkräftemangel werde noch von der Regierung weiter verstärkt, kritisiert die SPÖ. Die überbetrieblichen Lehrwerkstätten des AMS seien wegen angepeilter Kürzungen in Gefahr. Die Mittel für Ausbildungsplätze – 2017 rund 173 Millionen Euro – könnten "unter die Räder kommen", befürchtet Lercher.

WKO betont unerwarten Anstieg

Laut einer Erhebung sind mittlerweile seien 87 Prozent der Betriebe von Fachkräftemangel betroffen, teilte die Wirtschaftskammer mit. 2017 seien es noch rund zwei Drittel gewesen. Das sei ein "sehr signifikanten und auch für uns deutlich überraschenden Anstieg", hieß es aus der WKO.

60 Prozent der befragten Betriebe leiden dadurch den Angaben zufolge bereits oder in absehbarer Zeit unter Umsatzeinbußen. Das bedeute, die Betriebe müssten das Leistungsangebot einschränken, Aufträge ablehnen oder bestehende Orders stornieren.

Fast die Hälfte der befragten Firmen (49 Prozent) gab laut Wirtschaftskammer an, Produkt- und Serviceinnovationen einschränken zu müssen. Wegen des Fachkräftemangels könnten die eigenen Erzeugnisse nicht mehr verbessert werden bzw. müsse darauf verzichtet werden, neue Produkte zu entwickeln. (Red, APA, 25.8.2018)