Im Wilhelminenspital beteuert man: Es gebe keinen Ärztemangel.

Foto: Christian Fischer

Die Sperre der toxikologischen Intensivstation des Wilhelminenspitals – die einzige Österreichs, die auf akut schwer Vergiftete spezialisiert ist – sorgte im Juli für Aufregung. Im August wurden zwei weitere Abteilungen des Spitals auf Notbetrieb gesetzt, und zwar beide Male relativ kurzfristig.

Nun sind teilweise und temporäre Sperren von Spitalsbetten in Wien nichts Ungewöhnliches, da die Patientenzahl für gewöhnlich in dieser Zeit zurückgeht und die ruhigere Zeit zum Instandsetzen von Abteilungen genutzt wird.

Internes Rundschreiben

Laut einem internen Mailverkehr, der dem Standard vorliegt, war aber aktuell Personalmangel der Grund für die drastische Maßnahme. Die erste der drei E-Mails wurde am 3. August an Abteilungsleiter, Oberassistenten, Pflegepersonal, die Abteilungen für Wirtschaft, Finanzen und Personal und die Hausaufsicht gesandt.

Darin wird mitgeteilt, dass noch am selben Tag die Abteilung für Gynäkologie "aufgrund des Personalmangels auf Notbetrieb gesetzt wird. Es werden nur Akutfälle begutachtet." Eine Woche später gab es zwei ähnliche E-Mails an denselben Verteiler. Morgens um halb neun wurde der Belegschaft mitgeteilt, dass abermals die Abteilung für Gynäkologie am selben Tag auf Notbetrieb gesetzt werde.

Nur Akutfälle

Um elf Uhr 19 folgte schon das nächste interne Rundschreiben, wonach in der Abteilung für Urologie und Kinderurologie am 13. und 14. August, also in der auf das Schreiben folgenden Woche, "ausschließlich ein Notbetrieb für Akutfälle und Terminpatienten stattfinden kann. Weiters sind an diesen Tagen urologische Standby-Operationen nicht möglich!"

Doch diesen Sommer, genauer bereits im Juni, dürften die Mitarbeiter des Spitals auch mit anderen Problemen zu tun gehabt haben. In einem ebenfalls anonym zugespielten Protokoll der Sitzung des Primararztkollegiums ist von einer "Vertrauenskrise" zwischen dem Primararztkollegium und dem ärztlichen Direktor Stefan Dorner die Rede.

Anlass waren Ungereimtheiten mit den Datenschutzbestimmungen im Zusammenhang mit Zugriffen auf das Webokra-System.

Im Webokra-System können Informationen zu Patienten von Ärzten abgerufen werden, vorausgesetzt, es besteht ein sogenannter Behandlungsvertrag, das bedeutet: Der auf das System zugreifende Arzt muss aktuell der behandelnde Arzt des Patienten sein.

Zugriffe auf Patientendaten

Offenbar soll eine Oberärztin des Wilhelminenspitals – in Vorbereitung auf eine neue Patientin, die sich vor ihrer Überstellung aus dem Krankenhaus Hietzing befand – Einschau in einen Röntgenbefund gehalten haben. Denn die Patientin war, wie es im Protokoll heißt, "zur Dialyse angekündigt". Da die Ärztin zu dem Zeitpunkt aber – noch – nicht die behandelnde Ärztin war, wurden "dienstrechtliche bzw. disziplinarrechtliche Konsequenzen" in den Raum gestellt, was das Ärztekollegium verunsicherte.

In der danach geführten Diskussion in der Sitzung ging es um die Verunsicherung über geltende Datenschutzbestimmungen. Zudem wurde angemerkt, man habe "den Eindruck, dass der ärztliche Direktor nicht in ausreichendem und notwendigem Maß die Interessen des Wilhelminenspitals nach außen vertrete" und auch nicht "konstruktiv zu praktikablen Lösungsansätzen beitrage".

"Bei solchen Sitzungen kann es schon einmal hoch hergehen", räumt ein Sprecher des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) auf Nachfrage ein, doch eine Vertrauenskrise bestehe nicht. Die betreffende Ärztin habe "zu schnell" zugegriffen. Dorner habe den Datenschutzverantwortlichen bereits hinzugezogen, wonach man "das sehr schnell einer Klärung zuführen konnte".

"Patientenversorgung ist gut"

Auch die Sperren sieht man nicht so alarmierend wie die E-Mails klingen. "Es kam tageweise zu Sperren von Teilbereichen der Ambulanz durch Personalausfälle. Das kann passieren", so der KAV-Sprecher. Doch das könne man durch gute Zusammenarbeit zwischen Abteilungen und Krankenhäusern des KAV leicht lösen. Die Patientenversorgung sei gut, es gebe "keinen Ärztemangel". (Colette M. Schmidt, 28.8.2018)