Kurz fordert den den "European way of life" zu verteidigen.

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Alpbach – Bei allen Problemen, mit denen die EU durch die geopolitischen Herausforderungen und den digitalen Wandel zu kämpfen hat, gebe es doch einigen Grund für ein europäisches Selbstbewusstsein, meint Sebastian Kurz. Die EU sei insgesamt ein Erfolgsmodell. Man müsse jetzt die Fundamente "ohne eitlen nationalen Stolz, mit Dankbarkeit für das Geleistete und Verantwortungsbewusstsein" bewahren, sie zum Positiven weiterentwickeln. Man müsse den "European way of life" verteidigen, ein Leben in Freiheit, im Wohlstand, wo jeder seine freie Meinung äußern könne. Das werde von der EU "in einzigartiger Weise garantiert".

Mit diesem Grundbekenntnis will der österreichische Bundeskanzler, der seit 1. Juli das Amt des EU-Ratspräsidenten innehat, in die Herbstarbeit gehen, wie er bei einem Auftritt beim Forum Alpbach am Montag sagte. Dort skizzierte er in einer Rede bei einer Publikumsdiskussion die Prioritäten, die er im EU-Vorsitz bis Ende Dezember setzen möchte.

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundwerte müssten gestärkt werden, sagte er, ohne konkrete Fälle zu nennen, wo dies in Zweifel stehe. Da die EU-Kommission gegen Polen ein Verfahren wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet hat, könnte dieses einer der heiklen Punkte des Vorsitzes werden

Harter Brexit "katastrophal"

Die Fraktionen im EU-Parlament hatten im Juli angekündigt, eine Initiative zum formellen Start des Verfahrens zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat gegen Polen zu setzen. Dies müsste dann auf Rats ebene behandelt werden. Ungarn droht mit einem Veto.

Die wichtigste konkrete Aufgabe wird es laut Kurz sein, einen ungeregelten "harten Brexit" zu vermeiden. Ein solcher wäre "katastrophal", nicht nur für die Briten. Kurz will daher, dass Großbritannien vertraglich eng mit den EU-27 verbunden bleibt.

Als weitere Priorität nannte der Kanzler den Ausbau der Sicherheit in der EU in einem umfassenden Sinn, sei es durch mehr Kooperation bei der militärischen Zusammenarbeit, sei es beim Schutz der EU-Außengrenzen. Dies ist auch in Zusammenhang mit dem für 20. September angesetzten informellen EU -Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Salzburg zu sehen, bei dem das Thema Migration im Mittelpunkt stehen wird. Dabei erwartet er sich "weitere Fortschritte".

Kurz plädierte für "das Vertiefen der Subsidiarität", mehr Effizienz in der EU-Politik, den Abbau von zu viel Regulierung, eine Konzentration auf die großen politischen Fragen, die besser auf Gemeinschaftsebene als auf nationaler Ebene gelöst werden könnten.

Abgesehen von diesen inhaltlichen Schwerpunkten nannte der Kanzler das Ziel, das "Gegeneinander" der EU-Staaten abzubauen. Es müsse dringend ein anderer, vertrauensvollerer Umgang mit einander gefunden werden. Es sei Zeit für "mutige Schritte" bei der EU-Reform. (Thomas Mayer, 27.8.2018)