Wien – Er war Opernfreund, sie war Opernfreundin. Gemeinsam besuchten sie die Staatsoper und fuhren zu Festivals. Dann lud der 42 Jahre alte Anwalt seine um mehr als 35 Jahre ältere Seelenverwandte zu einer Weinverkostung – und gab rumänischen Einbrechern den Tipp, währenddessen in ihrer Wohnung einen Goldschatz zu stehlen.

Diese Story, die noch weitere Kuriositäten in sich birgt, wird am 3. Oktober vor dem Wiener Landesgericht verhandelt werden. Dabei wird zur Sprache kommen, mit welcher Hartnäckigkeit der Jurist – der sich inzwischen von der Anwaltsliste hat streichen lassen – die alte Dame ausspioniert hat, um den Rumänen die entscheidenden Informationen zukommen zu lassen.

Ersparnisse als Barren in der Wohnung

Begonnen hatte es damit, dass die Opernfreundin dem musikbegeisterten Anwalt anvertraut hatte, dass sie ein Vermögen in Form von 20 Kilo Gold in ihrer Wohnung im zweiten Wiener Gemeindebezirk gehortet habe. Dieses Wissen gab der 42-Jährige laut Anklage einem rumänischen Kriminellen weiter, den er in seiner Funktion als Anwalt kennengelernt hatte.

Kriminelle Weinverkostung

Am 23. September des Vorjahres lud der Jurist die 78-Jährige im Wissen, dass sein rumänischer Bekannter gemeinsam mit einem Mittäter diese Gelegenheit zum Einbruch in deren Wohnung nutzen würde, zu einer Weinverkostung zu sich nach Hause ein. Als die 78-Jährige zögerte, schickte er ihr mittels Smartphone ein Foto des bereits gedeckten Tischs und brachte sie damit außer Haus.

Rumänische Ganoven bohrten Wände an

Obwohl die beiden Rumänen die Wohnung auf den Kopf stellten und sogar Bohrungen an den Wänden durchführten, um auf einen allenfalls gut verborgenen Tresor zu stoßen, fanden sie das Gold nicht. Unverrichteter Dinge mussten die Eindringlinge abziehen. Als die 78-Jährige am nächsten Morgen ihre verwüstete Wohnung entdeckte – sie hatte die Nacht bei dem Anwalt verbracht –, brachte dieser sie dazu, nicht die Polizei zu verständigen und das Schloss nicht auszutauschen.

Dafür gelang es dem 42-Jährigen, der älteren Dame das Versteck des Goldes zu entlocken. Die Goldbarren befanden sich in einem Geheimfach unter einer Holzabdeckung am Kopfende eines Wohnzimmerschranks. Nur einen Tag später drangen die beiden Rumänen neuerlich mit vermutlich duplizierten Wohnungsschlüsseln in die Räumlichkeiten der 78-Jährigen ein, die der Anwalt wiederum zu sich gelockt hatte. Diesmal fanden die Einbrecher, wonach sie gesucht hatten. Seither sind das Gold und die Rumänen verschwunden.

Ex-Anwalt versucht, Schaden wiedergutzumachen

Der Ex-Anwalt behauptet, er sei von dem Rumänen, mit dem er seit vier Jahren befreundet war, zu seinem dolosen Verhalten gedrängt worden. Er hätte aus Angst mitgemacht. Laut Verteidiger Werner Tomanek wird sich der Angeklagte bis zur Verhandlung um Schadensgutmachung bemühen. Der 42-Jährige besitzt zwei Eigentumswohnungen und ein Wertpapierdepot. Im Fall eines Schuldspruchs droht dem bisher Unbescholtenen eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren. (red, APA, 29.8.2018)