Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Zahl der Pflegebedürftigen in Österreich zu. Ohne Zuwanderung droht ein Notstand bei der Pflege, sagen Experten.

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Mit der alternden Bevölkerung und der Generation an Babyboomern, die in den nächsten Jahren in Pension geht, steht Österreichs Arbeitsmarkt vor einer großen Herausforderung. Bereits ab 2022 wird die Bevölkerungszahl im erwerbsfähigen Alter abnehmen und sich einem starken demografischen Wandel unterziehen, sagt Ulrike Famira-Mühlberger vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).

Zu einer zusätzlichen Belastung könnte auch die Entwicklung in Deutschland werden, wo die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bereits jetzt schrumpft. Durch das Abwerben österreichischer Arbeitskräfte könnte sich die Lage hierzulande weiter zuspitzen.

Zahl der Pflegebedürftigen steigt

Eine Chance, den demografischen Wandel abzufedern, sieht Famira-Mühlberger daher in der Zuwanderung: "Ohne Migration würde das Erwerbspotenzial in Österreich erheblich sinken." Fluchtmigration mache dabei am Arbeitsmarkt nur einen kleinen Teil aus.

Mit der alternden Bevölkerung steigt auch die Zahl jener Personen, die gepflegt werden müssen. Auch hier spielt Zuwanderung eine zentrale Rolle. "Der Pflegebereich wäre ohne Migration nicht abdeckbar", sagt die Ökonomin.

Das Bildungsniveau der Zuwanderer hat sich in der Vergangenheit verändert: Waren die Einwanderer in den 1990er-Jahren meist eher schlecht qualifiziert, so sind jene, die in den vergangenen Jahren nach Österreich gekommen sind, durchschnittlich besser qualifiziert als Österreicher.

Zahl der Erwerbsfähigen schrumpft

Wie genau sich der demografische Wandel in den kommenden Jahrzehnten auf den Arbeitsmarkt auswirken wird, hängt von vielen Faktoren ab, sagt Famira-Mühlberger. Eine wesentliche Rolle spiele dabei, wie viele Personen im erwerbsfähigen Alter, also zwischen 15 und 64 Jahren, tatsächlich in den Arbeitsmarkt eintreten.

Während die Zahl der Erwerbsfähigen schrumpft, steigt gleichzeitig das Angebot an Arbeitskräften. Laut Famira-Mühlberger liegt das vor allem an dem wachsenden Anteil an Frauen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, wie auch an Älteren, die länger im Job bleiben.

Der demografische Wandel wirkt sich in den Bundesländern unterschiedlich aus. "In Kärnten und der Steiermark wird es ganze Regionen geben, die mehr oder minder entvölkert werden", sagt Famira-Mühlberger. Eine Ausnahme bildet Wien, wo die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter weiter steigen dürfte. Die Bundeshauptstadt profitiert dabei sowohl vom Zuzug junger Menschen aus anderen Bundesländern als auch von der Migration.

Dienstleistungssektor gewinnt an Gewicht

Das Wifo geht in seiner mittelfristigen Beschäftigungsprognose davon aus, dass die unselbstständige Beschäftigung zwischen 2016 und 2023 um 1,3 Prozent pro Jahr zunehmen wird. Dabei zeige sich bereits jetzt ein starker struktureller Wandel in Richtung des Dienstleistungssektors.

Enger wird es laut Famira-Mühlberger in Zukunft für junge Menschen im Haupterwerbsalter, da die Beschäftigungsentwicklung höher ausfällt als die Angebotsentwicklung. Bei Älteren zwischen 50 und 64 ist die Situation hingegen genau umgekehrt. (Nora Laufer, 29.8.2018)