Mon dieu: ein Weltklasseorchester! Und so ein famoser Dirigent! Elegant wie Ginger Rodgers und Fred Astaire tanzten das Orchestre Philharmonique de Radio France und Mikko Franck die in zartesten Schattierungen gezeichnete Valse triste von Jean Sibelius, das halsbrecherisch gewagte Stop-and-go von Tempo und Dynamik hätten die Wiener Philharmoniker nicht situationselastischer hinbekommen ... formidable. Chapeau!

Mikko Franck – Hat Helmut Qualtinger einen finnischen Enkel? – leitete den ihm seit 2015 anvertrauten Klangkörper mal sitzend, mal stehend, mal gehend. Beethovens Fünfte ließ der 39-Jährige, der in den letzten Jahren viel an der Staatsoper dirigiert hat, mit straffer, durchtrainierter Aggressivität angehen. Die Pariser erfreuten auch mit stupender Virtuosität, spielerischer Finesse und poetischen Bläsersoli (die Oboe ...) und ließen im Schlusssatz dank ihres jugendorchesterhaften Elans euphorische Glücksgefühle in den Herzen des applausfreudigen Publikums keimen.

Mit quellfrischer Agilität (zu leicht verdrießlichem Mienenspiel) war anfangs bei Maurice Ravels Le tombeau de Couperin musiziert worden – das Werk, dessen Klavierfassung der Komponist sechs im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten widmete. Es schlug damit auch einen Bogen zur Gedenkveranstaltung und zum Eröffnungskonzert des Grafenegg-Festivals mit Benjamin Brittens War Requiem.

Nur Hilary Hahn enttäuschte. Mit stumpfem Ton, so inspirierend wie ein ungebackener Teigling und ohne jeden solistischen Funkenschlag agierte die US-Amerikanerin im Kopfsatz von Sibelius' Violinkonzert. Auch im Andante con moto gelang es der 38-Jährigen nicht, eine nachfühlbare emotionale Aussage zu vermitteln. Im sportlich-straffen Schlusssatz fühlte sich Hahn wohler. Und bei den beiden Bach-Zugaben zeigte sie sich als empfindsame, differenzierte Erzählerin, die begeisterte. (sten, 31.8.2018)