Wer hätte das gedacht? Ein wegen des Abgasskandals eingeklagter VW verzinst sich besser als eine deutsche Bundesanleihe.

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Wien – Knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist im Dieselabgasskandal Mitte September hat das Handelsgericht Wien erneut einer Klägerin in Sachen Dieselgate recht gegeben: Der österreichische Volkswagen-Importeur respektive sein VW-Händler muss ihr den Kaufpreis für ihren 2014 gekauften VW Touran samt Zinsen zurückgeben.

Wiewohl das Urteil nicht rechtskräftig ist – die von Importeur Porsche Austria schadlos gehaltenen Händler gehen in der Regel in die Berufung zum Oberlandesgericht -, ist der Spruch doch ungewöhnlich. Denn der Fahrzeughalterin wurde sogar mehr Geld zugesprochen, als sie vor vier Jahren an Kaufpreis gezahlt hatte. Das ist im vorliegenden Fall den wenigen Kilometern geschuldet, die sie mit 15.000 Kilometern in drei Jahren mit ihrem Auto gefahren war, aber nicht nur. Den Rest bringt der im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegte Zinssatz von vier Prozent. In Summe bekam die Käuferin 34.500 Euro zugesprochen, gekauft hatte sie den Wagen um 31.690 Euro.

"Golf statt Gold"

"Das ist wieder ein Urteil nach dem Grundsatz "Golf statt Gold", sagt der Linzer Klägeranwalt Michael Poduschka, der 300 Verfahren gegen den Konzern führt. Einen VW zu kaufen und den Kaufvertrag nach Dieselgate rückabzuwickeln rentierte mehr, als in Gold zu investieren. Auch in der Sache urteilte der Richter umfassend: Es liegt arglistige Täuschung vor, also Betrug, durch den Autokonzern vor, und der Mangel einer unzulässigen Manipulationssoftware lasse sich durch eine neue Software nicht beheben. Ein Softwareupdate sei unzumutbar.

Opfer ist laut dem Urteil, das dem STANDARD vorliegt, übrigens auch der VW-Händler. Er ist zwar als Widerpart der Konsumentin beklagt, wurde aber seinerseits vom Fahrzeughersteller getäuscht. Der Händler ist in der Zwickmühle, er kann den Schaden ohne Mithilfe des "Betrügers" nicht beheben, er braucht VW als "Erfüllungsgehilfen". (Luise Ungerböck, 1.9.2018)