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Das Wahlgericht stimmte mehrheitlich gegen eine Kandidatur des Ex-Präsidenten.

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Lulas Anhänger versammelten sich nach der Entscheidung.

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Brasilia – Das Oberste Wahlgericht Brasiliens hat sich mehrheitlich gegen eine Kandidatur des inhaftierten Ex-Staatschefs Luiz Inácio Lula da Silva bei der Präsidentenwahl am 7. Oktober ausgesprochen.

Sechs von sieben Richtern stimmten nach einer achtstündigen Marathonsitzung am Freitag (Ortszeit) in Brasília gegen den von der Arbeiterpartei (PT) nominierten 72-Jährigen.

Lula kann gegen diese Entscheidung noch in Berufung gehen. Das dürfte wohl auch geschehen: Die Arbeiterpartei kündigte bereits an, Rechtsmittel einzulegen und "mit allen Mitteln" für eine Kandidatur des ehemaligen Gewerkschaftsführers kämpfen zu wollen. "Wir werden Lula auf den Straßen verteidigen, mit dem Volk, denn er ist ein Kandidat der Hoffnung", erklärte die Partei.

Zudem könnten beide Seiten sich auch an das Oberste Bundesgericht wenden, um die Verfassungsmäßigkeit des Urteils prüfen zu lassen.

Lula sitzt nach seiner Verurteilung wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis.

Amtsinhaber tritt nicht an

Der in eine Reihe von Korruptionsaffären verwickelte rechtskonservative Amtsinhaber Michel Temer tritt bei der Wahl nicht an. Lula, der von 2003 bis Ende 2010 Präsident war, liegt in den Umfragen mit rund 40 Prozent deutlich vor allen seinen Mitbewerbern, darunter der ultrarechte Ex-Offizier Jair Bolsonaro, São Paulos Ex-Gouverneur Geraldo Alckmin und die Umweltaktivistin Marina Silva.

Lulas Anhängers rechnen dem ehemaligen Gewerkschafter immer noch hoch an, dass er während seiner Präsidentschaft erfolgreiche Programme zur Armutsbekämpfung auflegte.

Gesetz aus eigener Feder verbietet Bewerbung

Ausgerechnet ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz verbietet die Bewerbung von in zweiter Instanz verurteilte Staatsbürger für öffentliche Ämter, was bei Lula der Fall ist. Er soll sich von einem Bauunternehmen ein Luxus-Apartment renovieren haben lassen. Der Ex-Präsident bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und hält seine Verurteilung zu zwölf Jahren Gefängnis für politisch motiviert.

Generalstaatsanwältin Raquel Dodge und eine Reihe rechter Politiker hatten Beschwerde gegen die Kandidatur Lulas eingelegt.

Sollte sich die Entscheidung des Wahlgerichts gegen Lula bestätigen und auch mögliche Einsprüche dagegen abgewiesen werden, wird vermutlich sein Vizepräsidentschaftskandidat Fernando Haddad für ihn einspringen. Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo war zuvor Bildungsminister unter Lula und Roussef. Beobachter zweifeln aber daran, ob alle Anhänger Lulas auch für Haddad stimmen würden.

Vom Superstar zum Sorgenkind

Das Land steckt in einer schweren Krise. Vor einigen Jahren galt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch als aufstrebende Regionalmacht, heute ist Brasilien ein Sorgenkind. Durch die jüngsten Korruptionsskandale ist fast die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam. Und die Spirale der Gewalt dreht sich weiter. (APA, AFP, 1.9.2018)