Keine 60 Tage sind es mehr bis zur Eröffnung des neuen Flughafens in Istanbul, der bald schon der größte in Europa und einer der größten der Welt sein soll. Dass Bauarbeiter und Ingenieure dies bis zum türkischen Nationalfeiertag am 29. Oktober schaffen, daran gibt es keinen Zweifel. Mit pharaonischen Werken hat die Türkei von Tayyip Erdoğan mittlerweile Erfahrung. Der Weltklasse-Flughafen wird ein Symbol des Triumphs – inmitten von Währungskrise und drohender Rezession.

Die Türkei hat derzeit zwei Gesichter. Zweistellige Inflation, rasch verfallende Lira und verunsicherte Menschen, deren Gehälter und Pensionen mit den neuen Lebenskosten nicht mehr mithalten, sind die eine Seite. Leistungsfähige Großunternehmen, eine völlig unterbewertete Lira, ein enormer Markt die andere Seite. Diesen so offensichtlichen Widerspruch können sich viele in der Türkei nicht recht erklären. Aber das erledigt der Staatschef für sie.

Erdoğan hat alle Register gezogen, um die Währungskrise als ein Machwerk des Auslands, allen voran der USA, darzustellen. In Donald Trump, dem Albtraum des Westens, hat er einen hervorragenden Partner gefunden. Allein über Trumps "Wirtschaftskrieg" gegen die Türkei zu sprechen und nicht auch über die strukturellen Probleme der türkischen Wirtschaft funktioniert deshalb ausgezeichnet. Bis jetzt. Doch am Ende bleibt die Mathematik. Auch Pharaonenprojekte müssen sich rechnen. (Markus Bernath, 2.9.2018)