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Eine Palästinenserin und ihre Tochter im Al-Shati-Flüchtlingslager in Gaza-Stadt. Nach dem Zahlungsstopp der USA können Bildung und medizinische Versorgung noch schlechter finanziert werden.

Foto: Reuters/MOHAMMED SALEM

Die Freude der Palästinenser zu Beginn des neuen Schuljahres dürfte sich in Grenzen gehalten haben: Zwar schaffte es UNRWA, das UN-Flüchtlingshilfswerk für Palästinenser, gerade noch, genügend Gelder zusammenzukratzen, damit an den UNRWA-Schulen im Westjordanland und im Gazastreifen der Unterricht wieder beginnen konnte. Das war lange nicht sicher, nachdem die USA in diesem Jahr einen Großteil ihrer Zahlungen einstellten und nur rund 60 Millionen Dollar (51 Millionen Euro) überwiesen, im Vergleich zu rund 360 Millionen im Vorjahr.

Seit Freitag jedoch ist bekannt, dass die USA ihre Zahlungen an die UNRWA künftig komplett einstellen. Und nicht nur das: Trumps Administration hat obendrein die Zahlung von 200 Millionen Dollar für anderweitige medizinische und humanitäre Hilfen in Gaza und im Westjordanland gestoppt.

Das Vorgehen der USA trifft die Palästinenser hart. Es ist ein weiterer Schlag ins Gesicht – und wohl auch genau so gemeint. Die US-Regierung bringt damit zum einen ihren Unmut über das Hilfswerk und dessen Umgang mit den palästinensischen Flüchtlingen zum Ausdruck. Zum anderen will sie die Palästinensische Autonomiebehörde mit dem Zahlungsstopp in die Knie zwingen und sie so an den Verhandlungstisch für den von Trump angekündigten "Deal des Jahrhunderts" zurückholen.

Kein Deal in Sicht

Doch an das Versprechen eines ultimativen Friedensdeals glauben die Palästinenser längst nicht mehr. Selten waren ihre Hoffnungen auf einen eigenen Staat so getrübt wie derzeit. Baustopp für Siedlungen? Ostjerusalem als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates? Rückkehrrecht der Flüchtlinge? Ihre Ziele scheinen in weite Ferne gerückt zu sein. Und das, obwohl Trump immer wieder ankündigt, Israel ebenfalls größere Zugeständnisse abzuverlangen. Bislang ist davon nichts zu sehen. Trump zeigt sich stattdessen als unermüdlicher Unterstützer des jüdischen Staates, vor allem der nationalkonservativen Politik von Premierminister Benjamin Netanjahu.

Dazu gehört auch, den Druck auf das Flüchtlingshilfswerk UNRWA zu erhöhen, das Netanjahu schon lange ein Dorn im Auge ist. Wenn es nach ihm ginge, würde es sofort abgeschafft: UNRWA verewige das Problem der palästinensischen Flüchtlinge und die Idee vom "Recht auf Rückkehr", die der Zerstörung des Staates Israel gleichkomme, so der Premier.

UNRWA wurde vor knapp 70 Jahren zum Schutz der damals rund 700.000 Palästinenser gegründet, die im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieges ihr Zuhause verließen oder vertrieben wurden. Die Zahl der Flüchtlinge ist auf fünf Millionen angewachsen. Sie sollen einmal in ihre Heimat, das heutige Israel, zurückkehren, so fordert es die Palästinenserführung. Dem wollen die USA nun ein Ende setzen: Kürzlich berichteten israelische Medien, dass die USA künftig nur eine halbe Million Palästinenser als Flüchtlinge anerkennen will.

"Ohrfeige des Jahrhunderts"

Dass nun andere Zeiten angebrochen sind, bekamen die Palästinenser bereits Anfang vergangenen Jahres zu spüren, kurz nach Trumps Amtsantritt. Der neue US-Präsident riss sogleich einen langjährigen Eckpfeiler der Nahostpolitik Amerikas ein und rückte von der Idee der Zweistaatenlösung ab. Gut sei, was die Konfliktparteien befürworten, möglich sei auch eine Einstaatenlösung, so Trump. Auch auf Jerusalem als Hauptstadt können die Palästinenser kaum noch hoffen: Am 6. Dezember 2017 erkannte Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels an und verlegte nur ein halbes Jahr später die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem.

Was bleibt den Palästinensern? Sie poltern und schimpfen: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nannte Trumps Nahostpolitik "Ohrfeige des Jahrhunderts", kündigte an, die USA nicht mehr als Verhandlungsführer anzuerkennen. Doch der Ärger der Palästinenser verhallt mittlerweile nahezu ungehört. Während US-Präsident Trump und Israels Premier Netanjahu im Schulterschluss ihre Pläne durchziehen, verlieren die Palästinenser immer mehr an Unterstützung – auch in der arabischen Welt: So kritisierte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman vor einigen Monaten die Palästinenser ganz direkt: Sie hätten Chancen verstreichen lassen und sollten nun endlich die Friedensvorschläge annehmen – oder den Mund halten. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 3.9.2018)