Gruppenbild beim Workshop in Stegersbach: die Sozialunternehmer, die Veranstalter, Coaches und Vortragende.

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"Sozial zu sein heißt nicht, betriebswirtschaftliche Grundregeln des Erfolgs außer Acht zu lassen, wenn man ein Social Business erfolgreich hochziehen will. Dazu gehört, fast schon neurotisch auf die Kosten zu schauen, und der größte Kostenblock bei weitem sind die Mitarbeiter. Es ist leichter, zu viele Mitarbeiter zu haben als zu viele Kunden und Geldgeber. Vorhandene Mitarbeiter fordern dann weitere Mitarbeiter, weil ja auch die Aufgaben mehr werden und besser als in den Start-up-Jahren erledigt werden sollen. Da muss man oft Nein sagen und fühlt sich gar nicht sozial in diesen Momenten. Auch bei der Trennung von Mitarbeitern fühlt man sich nicht sozial, es ist aber in den allermeisten Fällen für beide Seiten besser."

Walter Emberger, Gründer und Geschäftsführer des nachhaltig erfolgreichen Sozialunternehmens "Teach for Austria" (Lernbegleitung für benachteiligte Junge), hatte für die gerade an ihrem neuen Sozialunternehmen arbeitenden zehn Finalisten des Get Active Social Business Award die klassische "Unconvenient Truth": Man möge sich auf ein "langes Warten auf Licht am Ende des Tunnels" vorbereiten. Auf Einsamkeit – viele applaudieren am Weg, gehen müsse man ihn aber allein, und zwar auf unbekanntem Terrain. Und auf Hitze gelte es sich ebenfalls einzustellen, auf ein intensives Auf und Ab der Gefühle. Emberger: "Aber das zeigt, dass man lebt, für mich ist das das Wesentliche an Entrepreneurship."

Der Award

Zwei gemeinsame Themen hatten am vergangenen Wochenende im Thermenhotel Allegria in Stegersbach alle zehn Finalisten, die um rund 80.000 Euro Preisgeld aus der Gesellschaftsverantwortungskasse von Coca-Cola rittern: Sie wollen soziale Innovation in die Welt bringen und Schieflagen begradigen. Und sie müssen mit wenigen Ressourcen viel oder möglichst intensive Wirkung erzeugen, ihre Projekte so "verkaufbar" machen, dass Partner mit Geld an Bord kommen. Genau darum ging es in Stegersbach: fit werden für einen Businessplan, andere Projekte kennenlernen und sich vernetzen, sich Inspiration holen und die Modelle weiterentwickeln und anreichern, Kommunikationsstrategien entwickeln.

Walter Emberger (Teach for Austria): Ein Vortrag aus dem Herzen – mit auch unangenehmer Wahrheit.

"Ich bin begeistert von Leuten, die ein großes Anliegen haben", sagt Coca-Cola-Unternehmenssprecher Philipp Bodzenta. Er hat gemeinsam mit dem Institut für Non-Profit-Wirtschaft und Social Entrepreneurship der Wiener Wirtschaftuni (Michael Meyer), dem Doyen der NPO-Beratung, Christian Horak (EY), und dem STANDARD den Get Active Social Business Award vor zehn Jahren in die Welt gebracht.

Nicht als bloße Geldvergabe auf einer schönen Bühne mit Blitzlicht, sondern als angenehm anstrengendes Projekt: Für die aus den vielen Dutzend Projekten ausgewählten Finalisten gibt es intensive Betreuung und Begleitung, bevor sie Anfang November ihr Ding vor dem entscheidenden Advisory Board präsentieren – und eine(r) gewinnt. Dann ist es aber noch nicht zu Ende: Die Begleitungsangebote bleiben, und der "Social Impact", die Wirkung, wird evaluiert. Im Lauf der Jahre hat sich dieser größte Award seiner Art zwecks Anschubfinanzierung sozialer Innovation magnetisch entwickelt, haben sich viele neue Kräfte dazugesellt. Aktuell ist das die Truppe rund um Nina Kaiser und das #4gamechangers-Festival. (kbau, 3.9.2018)

Die Finalisten des Get Active Social Business Award stellen sich vor

Ready for Red Das Thema Menstruation ist leider immer noch ein Tabuthema, bei dem viel Unwissen herrscht. Deshalb hat die Aufklärungsplattform Erdbeerwoche das Projekt Ready for Red entwickelt – die erste digitale Lernplattform für Jugendliche über Menstruation, Zyklus und Monatshygiene. Auf vier Levels erwarten die Teenager mehr als 50 interaktive Lernspiele und Videos. Ready for Red wurde in Kooperation mit Expertinnen, Experten und Jugendlichen entwickelt und nähert sich auf spielerische und "unpeinliche" Weise dem Thema Menstruation.

Neunerhaus-Café Mit der Eröffnung des Neunerhaus-Cafés Anfang des Jahres hat das Neunerhaus einen vielseitig adaptierbaren und architektonisch wertvollen Raum geschaffen, in dem Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und sozioökonomischen Lage gemeinsam Pause machen und dabei gesundes Essen und Getränke genießen können. In der Wiener Margaretenstraße bieten das Gastroteam und Freiwillige köstliche Speisen und exzellenten Kaffee auf Basis freiwilliger Spenden an und treten gemeinsam mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern für das Recht aller Menschen auf Gesundheit, Wohlfühlen und gesellschaftlicher Teilhabe ein.

Livin Farms In Zeiten des steigenden Drucks durch den Klimawandel sind Insektenfarmen nachhaltige Produktionsstätten von Nährstoffen und bieten unternehmungswilligen Menschen im urbanen Raum sowie Landwirten ein innovatives Berufsfeld. Insekten können auf kleinstem Raum und mit sehr wenigen Ressourcen auskommen. Der wesentliche Vorteil gegenüber pflanzlichem Protein ist, dass die Zucht auf Abfallstoffen möglich ist. In diesem Projekt werden Menschen gefördert, die mittels Insektenzucht regionale Abfall- und Produktionsketten schließen können und für sich selbst ein unternehmerisches Projekt gründen. 

Simsalabim Vinziwerke und FAB werden mit dem nachhaltigen Restaurantprojekt in Graz auf kreative und Weise der Lebensmittelverschwendung entgegentreten und zusätzlich Inklusion schaffen. In einem Lokal mitten in Graz werden künftig Buffet- und Lebensmittelspenden von Caterings und anderen Firmen zu neuen Menüs weiterverarbeitet und zu einem leistbaren Preis angeboten. Neben hochwertigem Essen und tollem Service werden Arbeitsplätze für benachteiligte Menschen geschaffen, und die Einnahmen gehen wieder in Sozialprojekte der Vinziwerke und des FAB.

Die Schlaue Box Alles klar und einfach geregelt: Gewisse Strukturen im Alltag sowie kontinuierlich ausgeübte Rituale bilden einen stabilen Rahmen, der im Grunde jedem Kind bei der Entfaltung seiner Selbstständigkeit und Persönlichkeit hilft. Einfach deshalb, weil ihnen diese klar definierten Regeln inneren Halt, Orientierung im Alltag und somit mehr Sicherheit geben. Die Schlaue Box beinhaltet Werkzeuge für Kinder mit Autismus, ADHS und Kinder, die mehr Struktur benötigen, die sich sowohl daheim als auch in der Schule auf vielfältige Weise einsetzen lassen.

Fairmittlerei In Österreich werden jedes Jahr bis zu 2.250 Tonnen fabrikneue, aus diversen Gründen wie etwa falscher Etikettierung unverkäufliche, aber voll gebrauchsfähige Drogerieartikel vernichtet. Die Fairmittlerei nimmt diese von Unternehmen entgegen und vermittelt sie an NGOs. Gemeinnützige Organisationen sparen dadurch Geld für Konsumgüter, Industrie und Handel, sparen Geld für Lagerung und mögliche Vernichtung der Ware, tun Gutes und reduzieren obendrein Müll, was wiederum die Umwelt entlastet. Eine Win-win-win-Situation auf ganzer Linie. 

Fremde werden Freunde Soziale Teamevents stärken den Zusammenhalt im Team und fördern durch Inklusion benachteiligter Gruppen das Miteinander in der Gesellschaft. Potenzialentfaltung, Steigerung sozialer Kompetenzen, Erfahrung von Selbstwirksamkeit und besonders Freude und Spaß im Team treffen auf soziale Verantwortung und Begegnung auf Augenhöhe mit benachteiligten Gruppen. Mit sozialen Teamevents verbinden wir die Unternehmenswelt mit der Welt der Non-Profit-Organisationen. Bei spannenden Aktivitäten entstehen Austausch, Kontakt und gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Bike Kitchen Favorita Die Bike Kitchen Favorita (bisher: Refugee Bike Kitchen) ist eine Fahrradwerkstätte, in der Menschen mit mangelnden Deutschkenntnissen arbeiten. Unser Ziel ist es, ihnen die Sprache in der Praxis zu vermitteln und die Begegnung mit Wienerinnen und Wienern zu fördern. Mit dem Standortwechsel im Jänner 2019 werden erstmals Reparaturaufträge an Fahrrädern angenommen, dabei auch gebrauchte Ersatzteile verwendet, eine Selbsthilfewerkstatt eingerichtet und gespendete Räder aus den 80ern und 90ern recycelt und verkauft. Ein Teil der hergerichteten Räder geht günstig an bedürftige Menschen in Wien.

Waldviertler Frauenwirtschaft Die Waldviertler Frauenwirtschaft bietet unternehmerisch tätigen Frauen einen flexibel nutzbaren, modernen Betriebsstandort in der Innenstadt von Zwettl. Gründerinnen bzw. Kleinunternehmerinnen können aus der Anonymität des Zu-Hause-Arbeitens heraustreten, sich selbstbewusst als Unternehmerinnen präsentieren und sozial vernetzen. Ein breites Serviceangebot inklusive Kinder- und Seniorenbetreuung und erfahrene Mentorinnen unterstützen sie dabei. Die Leistungen der Frauen werden dadurch sichtbar, und die Frau rückt als Leistungsträgerin in das Bewusstsein. 

Lead Me Ein innovatives Hilfsmittel warnt blinde Menschen vor Hindernissen, um Verletzungen zu vermeiden. Was nach Science-Fiction klingt, wurde nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Lead Me wird vor Gefahren im Alltag schützen, die ein Blindenstock nicht erkennen kann. So kann Lead Me Blinden wesentlich mehr Lebensqualität geben. Hinter dem Wiener Start-up stehen die Studenten Tobias Holzinger, Thomas Scheu und Niklas Wachtveitl. Sie präsentierten bereits einen voll funktionstüchtigen Prototyp und konnten die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs als Kooperationspartner gewinnen.