Sechs Wochen nach der Geburt wieder als Ministerin im Dienst: Elisabeth Köstinger fordert einen Karenzanspruch für Politiker.

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Wien – Für Politiker gelten andere Regeln: Sechs Wochen dauerte die Babypause, die sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nach der Geburt ihres Sohnes im Juli erlaubte. Denn für Politikerinnen gilt das Mutterschutzgesetz nicht – sie stehen in keinem Dienstverhältnis, sondern üben nur eine Funktion aus.

Köstinger sieht Änderungsbedarf und bekommt teilweise Unterstützung aus dem türkisen Klub. Man sei bestrebt, das zu ändern – allerdings nur für Abgeordnete, nicht für Minister, heißt es auf STANDARD-Nachfrage, einen konkreten Zeitplan gibt es allerdings nicht. Bettina Rausch, Leiterin der Politischen Akademie der ÖVP, will das Vorhaben forcieren. Sie will damit junge Frauen für politische Aufgaben motivieren und eine Regelung für Abgeordnete erwirken.

"Mein Vorschlag ist, dass auch Politikerinnen für sich selbst entscheiden können, längere Zeit mit ihrem Kind intensiv zu erleben – also in Karenz zu gehen", sagt Rausch. Für bis zu zwölf Monate sollen sie ihr Mandat an den nächstgereihten Kandidaten übertragen können, nach Ablauf der Zeit geht die Funktion automatisch wieder an die oder den ursprünglichen Mandatsträger zurück. Wichtig ist Rausch dabei die Freiwilligkeit – außerdem will sie auch Väter dazu motivieren, Elternzeit in Anspruch zu nehmen.

Bisher kein Anspruch

Bisher gibt es in der Geschäftsordnung des Nationalrats nämlich keinen Anspruch auf eine Babypause, Abwesenheiten werden dort nur in Bezug auf medizinische Gründe erwähnt.

Ein Blick über die Grenzen hinaus zeigt, dass nur fünf europäische Länder ihren Abgeordneten Elternzeit zugestehen. In Ungarn, Lettland, Rumänien, Slowenien und Schweden gilt für die Volksvertreter auch das jeweilige Arbeitsrechtsgesetz, sagt die britische Politikwissenschafterin Melanie Sully. Im STANDARD-Gespräch zeigt sie sich überzeugt, dass auch die Einführung einer elektronischen Abstimmungsmöglichkeit sinnvoll ist: "Österreich ist eines der wenigen Länder, in denen es das nicht gibt." Damit könnten Abgeordnete von zu Hause aus abstimmen.

Auch Stimmübertragungen seien in vielen europäischen Ländern möglich, etwa in Schweden, Dänemark oder Kroatien. Allerdings sieht das Gesetz in diesen Ländern eine Mindestdauer vor, damit sich die Ersatzmitglieder in die Materien einarbeiten können. Diese liege zwischen drei und zwölf Monaten. (Marie-Theres Egyed, 4.9.2018)