Das Einkaufszentrum The Mall ist nur eine kurze S-Bahn-Fahrt vom Praterstern entfernt. Auch hier herrscht Alkoholverbot. Außerdem wird mit Polizei und Suchthilfe zusammengearbeitet.

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Wien – "Es ist sehr, sehr schwierig." Diese deutlichen Worte fand die Bezirksvorsteherin des zweiten Bezirks, Uschi Lichtenegger (Grüne), zum Alkoholverbot auf dem Praterstern, der in ihrem Bezirk liegt. Die Problematik habe sich verlagert, Bezirksbewohner seien unzufrieden. "Ich war am Montag in der Afrikanergasse, da sind sie am Gehsteig gelegen", so die Grüne Ende Juli.

Nur eine S-Bahn-Station vom Praterstern entfernt befinden sich der Bahnhof Wien-Mitte und das Einkaufszentrum The Mall. Als Ausweichquartier für jene Personen, die früher auf dem Praterstern Alkohol tranken, ist dieser Platz also durchaus denkbar.

Kooperation statt Eskalation

Das weiß auch das Management des Centers. "Wir arbeiten nicht erst seit dem Verbot auf dem Praterstern an Strategien, um mit marginalisierten Personen bestmöglich umzugehen", sagt Florian Richter von der Leitung des 130.000 Quadratmeter umfassenden Büro-, Einkaufs- und Gastronomiekomplexes. Alle paar Wochen setze man sich deswegen in einer großen Gruppe zusammen: Facility-Manager aller umliegenden Gebäude, etwa des Hilton-Hotels oder des Handelsgerichts, Vertreter der Polizei und auch Streetworker würden die aktuelle Lage und gemeinsame Strategien besprechen. Wenn es in umliegenden Bereichen Probleme gibt, helfe man einander. "Wir sehen den Standort als ein Ganzes, auch wenn es unterschiedliche Eigentümerverhältnisse gibt. Die Zusammenarbeit funktioniert gut."

Dass sich die neuen Spielregeln auf dem Praterstern negativ auf das Areal um das Einkaufszentrum auswirken, glaubt Richter nicht. "Natürlich ist die Station Traisengasse nicht so interessant wie wir. Das ist uns bewusst. Wir haben aber präventiv mit unserem Sicherheitsteam und mit der ÖBB gearbeitet."

Vorbild für Alkoholverbot

Nina Fetz sieht das anders. Bis März 2016 kam sie fast täglich nach Wien-Mitte und in das Einkaufszentrum, als Managerin eines Shops war es ihr Arbeitsplatz. "Die Situation vor dem Eingang hat sich ziemlich stark verändert. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass so viele offensichtlich Betrunkene oder Drogensüchtige unterwegs waren."

Richter könne solche Aussagen zwar nachvollziehen, "aber es sind eben auch immer nur Momentaufnahmen. Wir betrachten die Lage hier längerfristig." Seit 2012 herrscht in Wien-Mitte Alkoholverbot – im überdachten Bereich vor dem Einkaufszentrum. "Das Verbot auf dem Praterstern gibt es auch, weil es bei uns so gut funktioniert", sagt Richter.

Auch die Suchthilfe nimmt keine großartigen Veränderungen wahr. Im benachbarten Stadtpark würden seit Jahren viele Wohnungslose und Suchtkranke übernachten. Je nach Witterung würden sich diese Menschen auch vor dem Einkaufszentrum aufhalten, sagt ein Sprecher.

"Kein Vergleich zum Praterstern"

Die Momentaufnahme des STANDARD am Donnerstag zeigt gleich einen Rettungseinsatz: Fünf Polizeibeamte begleiten einen an der Hand blutenden Mann zu Sanitätern. "Ein Giftler hat sich geschnitten", sagt ein Beamter und übergibt den Patienten.

Wenige Meter daneben steht Katharina Fikar. Schon den ganzen Sommer verkauft sie vor dem Haupteingang zum Einkaufszentrum frisches Obst. "Mein Gott", sagt sie und blickt Richtung Rettungswagen. "So was passiert hier vielleicht ein paar Mal am Tag. Aber zum Praterstern ist das kein Vergleich." Fikar wohnt nur wenige Gehminuten entfernt vom "Stern" und habe die Situation dort täglich erlebt. "In Wien-Mitte gibt es keine Gruppenbildung, keine grauslichen und stinkaten Menschen, die gefährlich sind."

Bilanz vom Alkoholverbot

Und auf dem Praterstern? Die letzten Zahlen dazu, wie oft das Verbot missachtet wurde, gab die Polizei Anfang August bekannt: 782 Abmahnungen, 68 Organmandate, 495 Anzeigen und 1.166 entsorgte alkoholische Getränke lautet die Bilanz. Prinzipiell drohen Strafen von bis zu 700 Euro, wenn jemand zur Flasche oder Dose greift. (Lara Hagen, 7.9.2018)