Pyrotechnik im Stadion: "Stilmittel der Fankultur" oder Gefahr? Das Innenministerium ließ einen Sprengstoffexperten darüber referieren.

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Wien – Es sind wilde Szenen, die sich auf der Videoleinwand im Innenministerium abspielen. Eine gewaltige Pyroshow von Legia-Warschau-Fans, ein Anhänger, der über eine Balustrade fällt, und Jagdszenen vor europäischen Fußballstadien. Die Hintergrundmusik ist dramatisch, ein Fan geht mit Horrormaske durch einen Fanbus, hat eine Axt in der Hand. Das Video des europäischen Fußballverbands (Uefa) zeigt Wirkung, immer wieder schütteln Zuseher die Köpfe.

Das Bundesministerium für Inneres hatte zur Information "Sicherheit bei Sportveranstaltungen – Pyrotechnik" geladen. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sprach einleitende Worte und stellte die Weichen: "Stellen Sie sich vor, wir werfen hier einen Knallkörper herein oder entzünden einen Bengalen. In einem Fußballstadion könnte Panik ausbrechen und Menschen zu Tode getrampelt werden. Das hat sich der Fußballsport nicht verdient." Pyrotechnik sei "ein Stilmittel der sogenannten Fankultur, aber trotzdem gefährlich und illegal".

Gefahr

In Österreich ist Pyrotechnik bei Sportveranstaltungen grundsätzlich verboten. Es gibt aber Ausnahmeregelungen, die zeitlich oder auf bestimmte Bereiche im Stadion begrenzt sind. Somit unterscheidet man zwischen legalen, also kontrollierten und überwachten, und illegalen Pyroaktionen.

Einen Schritt weiter geht Tom Smith. Der englische Sprengstoffexperte wurde von der Uefa mit einer Studie zur Pyrotechnik beauftragt. In seinem Vortrag weist er auf die Gefahren hin, in einem Video wird eine Wassermelone gesprengt. Er sagt: "Pyrotechnik im Stadion ist eine Gefahr."

Ohne Fans

Mit im Innenministerium dabei sind Vertreter der Polizei, der Fußballbundes ÖFB, der Bundesliga und von Fußballklubs. Immer wieder wird auf dem Podium der Dialog zwischen Fans, Vereinen und der Exekutive betont. Nicht dabei sind an diesem Vormittag die Fans. "Es ist wenig verwunderlich, dass wir zu dieser Veranstaltung nicht eingeladen wurden. Das völlig einseitig besetzte Podium verrät ohnehin längst, wohin die Reise gehen soll – sachliche Diskussionen sind nicht zu erwarten", heißt es in einer Aussendung der Rechtshilfe Rapid, der Solidargemeinschaft von Fans für Fans des SK Rapid.

Überhaupt wirkt die von Pyrotechnik ausgehende Gefahr vor allem auf den ersten Blick hoch. In der Realität scheint das aktuelle Modell mit legalen Pyroaktionen zu funktionieren. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des SPÖ-Abgeordneten Christian Kovacevic wurde erhoben, dass die Anzahl der Verletzten durch illegale Verwendung pyrotechnischer Gegenstände rückläufig ist. In der Saison 2017/18 wurde eine Person verletzt. Bei genehmigten Aktionen gab es wie in den vier Jahren davor keine Verletzten.

Legal und illegal

Die Bundesliga sieht das ähnlich. Vorstand Christian Ebenbauer sprach sich wie auch Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) zuvor für die aktuelle Lösung aus: "Bei Großveranstaltungen, zu Hochzeiten oder an Silvester gilt Pyrotechnik als tolles Stilelement. Im Fußballkontext wird es aber oft mit Gewalt gleichgesetzt. Dieses Bild haben auch die Kollegen von der Uefa gezeichnet. Dabei sprechen wir aber vom illegalen Einsatz von Pyrotechnik. Bei legalen Aktionen wird unter Aufsicht und kontrolliert abgebrannt." Ebenbauer verweist außerdem auf Wien-Hütteldorf, der Dialog zwischen Polizei, Verein und der Fanszene funktioniere, ein Rückgang der illegalen Pyrotechnik Gegenstände um 90% sei das Ergebnis.

Kürzlich war bekannt geworden, dass Rapid-Legende Steffen Hofmann nach seinem Abschiedsspiel im Allianz-Stadion im Juli eine 500-Euro-Verwaltungsstrafe wegen Verstoßes gegen das Pyrotechnikgesetz erhalten hatte. Der langjährige Vereinskapitän hatte auf einer Ehrenrunde vor der Fankurve eine bengalische Fackel geschwenkt. (Andreas Hagenauer, 6.9.2018)