Bildungsminister Faßmann will sich in Sachen Inklusion an Schulen beraten lassen. Eine Elterninitiative drängt auf Lösungen für ganz spezielle Integrationsklassen in Oberösterreich.

Foto: APA / Harald Schneider

Wien – Sie werden mit ihren Zelten anrücken. Direkt am Minoritenplatz in der Wiener Innenstadt, gut sichtbar vom Büro des Bildungsministers aus, will man sie aufbauen.

Barbara Hofer, Sprecherin einer oberösterreichischen Elterninitiative, erklärt im Gespräch mit dem STANDARD den Hintergrund der Aktion: Die Inklusion brauche "ein Dach über dem Kopf" – konkret geht es den Elternvertretern um das im Bundesland bisher als Schulversuch beliebte Modell von Integrationsklassen an Sonderschulstandorten.

Besondere Schulen

Zwei Erklärungen: Eigentlich spricht Frau Hofer, wie viele Experten, lieber von sonderpädagogischen Förderzentren. Das klingt weniger abwertend und transportiert besser die Qualifikation und das Know-how, das Kinder mit Beeinträchtigungen – und eben nicht nur sie – an diesen Schulen vorfinden.

Und, zweitens: Anlass für den Protest betroffener Eltern ist ein Auslaufen der bisherigen Schulversuche. Mehr als fünf Prozent soll es pro Bundesland nicht geben. Oberösterreich liegt mit seinen Schulversuchen deutlich darüber.

Frau Hofers Elterninitiative hat bereits einiges an Vorarbeit für den Erhalt dieses speziellen Integrationskonzepts geleistet. Auch eine parlamentarische Petition zur Rettung der I-Klassen wurde von Abgeordneten aller Parlamentsparteien unterstützt.

Jetzt fühlt man sich auch im Ministerium am Minoritenplatz zuständig. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hat ein Expertengremium zusammengetrommelt, um sich bei diesem und anderen Themen des inklusiven Unterrichts beraten zu lassen. Leiter des achtköpfigen "Consulting Board" ist der Vizedekan der Psychologischen Fakultät der Uni Wien, Germain Weber. Auch der ehemalige Behindertensprecher der ÖVP, Franz-Joseph Huainigg, ist mit an Bord.

Rechtlicher Rahmen

Die Ausgangslage beim gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern sieht hierzulande wie folgt aus: Österreich hat im Jahr 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und sich damit verpflichtet, sie in nationales Recht zu übernehmen. Gleichzeitig steht im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ folgendes Ziel: "Erhalt und Stärkung des Sonderschulwesens". Das Recht auf Inklusion und Wahlfreiheit der Eltern ist bereits seit 1993 gesetzlich verankert. Auch die Lehrerausbildung wurde geändert: Statt einer eigenen Sonderschulausbildung erhalten alle angehenden Lehrkräfte zumindest eine Grundausbildung für inklusiven Unterricht.

Bis wann das Beratergremium des Ministers zu ersten Entscheidungen kommen will, ist nicht bekannt. Die zeltenden Eltern aus Oberösterreich haben es jedenfalls eilig, sagt Frau Hofer: "Bei uns ist einfach der Zeitdruck da!" (Karin Riss, 7.9.2018)