Bild nicht mehr verfügbar.

Das Remis gegen Weltmeister Frankreich ist für Deutschland der erste Schritt auf dem Weg zurück.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

München – Nach ausgiebiger Regeneration und einer kurzen Sitzung vor dem Mittagessen gönnte Joachim Löw seinen Spielern am Freitag in München ein paar Stunden Freizeit. Manuel Neuer, Mats Hummels und Co. hatten sich die schöpferische Pause verdient. Doch das respektable 0:0 gegen Weltmeister Frankreich zum Nations-League-Auftakt war für das tief gefallene DFB-Team nach dem WM-Desaster allenfalls ein Anfang.

Das weiß auch der Bundestrainer. "Wir glauben jetzt nicht, dass mit einem einzigen Spiel alles vergessen ist. Wir müssen weiterhin gute Ergebnisse erzielen", sagte Löw, dessen Team sich am Sonntag (20.45 Uhr, RTL) in Sinsheim gegen Peru die nächste Gelegenheit zur Wiedergutmachung bietet.

Spieler nach dem Match erleichtert

Für Thomas Müller war es zwar noch "keine Sternstunde, aber ein erster Schritt auf die Fußball-Nation zu". Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel lobte einen "engagierten Auftritt der Mannschaft. Darauf können wir aufbauen". Timo Werner war da etwas forscher: "Wenn wir so weiter spielen, mache ich mir keine Sorgen, dass wir irgendwann wieder in einem Halbfinale oder Finale bei einem großen Turnier spielen."

So weit ist es noch lange nicht. Der Druck ist nach wie vor hoch. Löw und seinen in den letzten Wochen hart kritisierten Profis stehen im Oktober in der Nationenliga in den Niederlanden und in Frankreich zwei weitere Herausforderungen bevor. Bei Niederlagen könnte die Stimmung schnell wieder kippen.

Doch daran wollte im DFB-Lager nach einem passablen Auftritt gegen den Weltmeister um die Superstars Kylian Mbappe und Antoine Griezmann erst einmal keiner denken. Vielmehr freuten sich alle über die positive Stimmung bei den Fans in der ausverkauften Allianz Arena, eine kompakte Defensive und die gezeigte Leidenschaft. Das sei seine Erwartung gewesen, betonte Löw, "diese Bereitschaft zu sehen. Dass wir alles in das Spiel reinhauen, um Kredit zurückzugewinnen". Es gelang.

Man habe deutlich gemerkt, ergänzte "Kaiser" Franz Beckenbauer, "dass die Spieler wieder den Willen haben, für das Land zu spielen und wieder eine Mannschaft sein wollen". Das überzeugte auch Chefkritiker Uli Hoeneß. "Nach all den Vorzeichen, die nicht so positiv waren, war das nach der WM eine gute Antwort", sagte der Präsident des FC Bayern.

Löw lobt neuen Sechser Kimmich

Dabei hatte Löw mit seiner Aufstellung durchaus überrascht, mit vier Innenverteidigern in der Abwehrkette und Joshua Kimmich davor. Der Münchner, im normalen Fußballleben Rechtsverteidiger, deutete an, dass er auf der Sechserposition ein Kandidat mit Zukunft ist. "Er war sehr präsent, sehr zweikampfstark, sehr viel am Ball. Das ist sicherlich eine gute Lösung", sagte Löw. Der 23-Jährige habe "wirklich alles für die Position", ergänzte Hummels anerkennend.

Dagegen dürfte die Variante mit "vier Ochsen" (Süddeutsche Zeitung) in der Abwehr eher seltener zum Stilmittel werden. "Dauerhaft ist das nicht die richtige Lösung", meinte Löw. Wichtig sei unabhängig vom System aber ohnehin nur gewesen, so Müller, "dass wir wieder eine Mannschaft auf dem Platz waren, die das Tor mit Mann und Maus verteidigt hat". Das klappte gut: Mbappe, der sein Wahnsinns-Potenzial andeutete, und Griezmann kamen nur selten zum Abschluss.

Deutlich erkennbar waren im DFB-Team dagegen die anhaltenden Probleme nach vorne. Es fehlte bei allem Bemühen von Kimmich oder Toni Kroos oft der Mut oder die zündende Idee – und ein eiskalter Vollstrecker. Nicht schlimm, fand Hummels. Zunächst einmal müsse man die "einfachen Sachen" wieder machen, dann kämen irgendwann auch wieder "die Kabinettsstückchen in der Offensive dazu".

Teamneulinge warten noch auf Debüt

Schon gegen Peru? Löw kündigte den Einsatz seiner Neulinge Kai Havertz, Thilo Kehrer und Nico Schulz an. Gegen die Franzosen hatte der 58-Jährige noch ausschließlich WM-Verlierern vertraut. Spieler wie Hummels, Kroos oder Jerome Boateng seien mit ihrer Klasse weiterhin "extrem wichtig", begründete Löw seine Wahl. Der Einbau junger Akteure sei ein Prozess, "der nicht von heute auf morgen geht".

Hummels forderte gegen Peru unabhängig von den Personalien den nächsten Schritt. Man müsse "deutlich dominanter auftreten, mehr Chancen herausspielen und treffen", sagte er, "aber wichtig ist, dass wir Absicherung haben. Ich bin sicher, dass wir das sehen werden, weil wir endgültig kapiert haben, wie wichtig das ist." (sid, 7.9.2018)