Aus der Luft erkennt man deutlich, warum das Gebäude, bei dem Nationalsozialisten ein Massaker verübten, Kreuzstadl heißt. 2017 wurde hier auf der Suche nach sterblichen Überresten erneut gegraben.

Foto: APA/RE.F.U.G.I.U.S.

In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 wurden in Rechnitz im burgenländischen Bezirk Oberwart ungefähr 180 ungarische jüdische Zwangsarbeiter ermordet. Der grausame Massenmord geschah im Rahmen eines sogenannten Kameradschaftsabends auf Schloss Rechnitz, wo Naziprominenz ausgelassen feierte. Die Opfer wurden auf dem Gelände des Kreuzstadls verscharrt. Einige wenige Juden ließ man in dieser Nacht leben und zwang sie, die Toten zu begraben. Am nächsten Tag wurden auch sie ermordet.

Trotz mehrerer Grabungen sind die sterblichen Überreste auf dem weitläufigen Gelände nicht gefunden worden, sodass sie nach wie vor nicht in gebührender Weise beerdigt werden konnten. Erst Ende letzten Jahres wurde auch erstmals auf Veranlassung des Bundesdenkmalamtes großflächig umgegraben und gesucht.

Keine unbekannte Geschichte

Die Geschichte des Kreuzstadls nicht zu kennen ist also fast unmöglich. Schon gar nicht, wenn man aus dem Bezirk Oberwart kommt. Seit 1991 leistet der Verein RE.F.U.G.I.U.S. hier wertvolle Gedenkarbeit. Es gibt eine Gedenkstätte und einen Gedenkweg. Im Jahr 1993 ermöglichte es eine private Spendenaktion, initiiert von Marietta Torberg, Karl Prantl und David Axmann, dass der Kreuzstadl erworben und an die Israelitische Kultusgemeinde übergeben werden konnte – als Mahnmal für alle Opfer des sogenannten Südostwallbaus der Nationalsozialisten.

Filme, Bücher, Tagungen und das Theaterstück Rechnitz (Der Würgeengel) der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek haben sich mit dem Massaker in Rechnitz auseinandergesetzt.

Umso irritierender und unverständlicher erscheint es, dass ein lokales Taxiunternehmen im Internet mit dem Slogan "ohne Tabus" und einem die ganze Homepage einnehmenden Foto des Kreuzstadls für Fahrten wirbt.

Mahnmal wird nicht erwähnt

"Tabu" ist auch ein Wortspiel mit dem Namen des Unternehmens, doch das Foto steht vollkommen kommentarlos und ohne erkennbaren Zusammenhang auf der Seite. Der Versuch einer positiven Interpretation, etwa damit, dass man Fahrten zum Mahnmal anböte, scheitert. Denn auf der Homepage werden nur andere Transfers, etwa innerhalb des Bezirks oder zum Flughafen, angeboten. Auch Kooperationen wie jene mit dem Jugendtaxi Burgenland werden angeführt, aber mit keinem Wort das Mahnmal als solches auch nur erwähnt.

Beim Verein RE.F.U.G.I.U.S. war das Unternehmen bisher vollkommen unbekannt. Christine Teuschler aus dem Vorstand des Vereins zeigt sich auf Nachfrage des Standard "sehr irritiert über diese ungeheure Geschmacklosigkeit".

Der Taxiunternehmer war trotz mehrerer Versuche der Kontaktaufnahme für den Standard nicht erreichbar. Ein Sprecher der Wirtschaftskammer Burgenland bestätigt aber, dass der Mann "über eine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügt". Man wolle ihm "keine böse Absicht" unterstellen, ihn aber auf jeden Fall darüber informieren, "dass er dieses Foto schleunigst von seiner Homepage entfernt".

Mauthausen-Komitee entsetzt

Entsetzt zeigt sich das Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) über den befremdlichen Internetauftritt des Taxiunternehmers. "Im besseren Fall ist das nur eine üble Pietätlosigkeit", sagt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi dem Standard, "im schlechteren Fall ist es eine bewusste Verhöhnung der Opfer, die eine Nähe zum NS-Gedankengut vermuten lässt." Mernyi fordert "im Namen der Überlebenden des Konzentrationslager Mauthausen, dass diese skandalöse Werbung sofort beseitigt wird". (Colette M. Schmidt, 7.9.2018)