Maaßen gerät wegen seiner Nähe zu rechten Kreisen und wegen der jüngsten Aussagen zu den Ausschreitungen in Chemnitz immer mehr unter Druck.

Foto: imago/Martin Müller

Berlin/Chemnitz – Nach den umstrittenen Äußerungen des deutschen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen zu den Ausschreitungen in Chemnitz mehren sich die Forderungen nach einer Befragung durch Parlamentarier. Der CDU-Sicherheitspolitiker Patrick Sensburg verlangte, dass Maaßen auch im Geheimdienstgremium des Bundestages für Aufklärung sorgt.

Erklärungsbedarf

"Präsident Maaßen wird nun erklären müssen, wie er zu seiner Bewertung kommt und warum er sie medial kundgetan hat", sagte Sensburg dem "Handelsblatt" laut Vorabbericht. "Sollten eingestufte Erkenntnisse die Grundlage sein, hat er kommende Woche im Parlamentarischen Kontrollgremium die Gelegenheit, diese den Abgeordneten darzustellen."

Zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles gesagt, ihre Partei wolle das Gremium, das die Geheimdienste überwacht, für nächste Woche einberufen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte von Maaßen Auskunft im Innenausschuss des Bundestages.

Maaßen hatte in einem Interview gesagt, dass es am Rande der rechten Demonstrationen in Chemnitz keine "Hetzjagden" gegeben habe. Er äußerte Zweifel an der Echtheit eines Videos, das zeigen soll, wie Ausländer von Neonazis über eine Straße gejagt werden. Dem Verfassungsschutz lägen "keine belastbaren Informationen" darüber vor. Am Freitag erklärte das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Ereignisse in Chemnitz weiter zu prüfen.

Scharfe Kritik

Mit seinen Äußerungen hat Maaßen scharfe Kritik von SPD, Grünen und Linkspartei auf sich gezogen. Rückendeckung erhielt er dagegen von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) rief Seehofer nun auf, schnell für Klarheit zu sorgen. Zugleich äußerte Weil Zweifel an Maaßens Eignung als Chef des Inlandsgeheimdienstes. "Bei mir mehren sich die Fragezeichen", sagte der SPD-Politiker den Blättern der Funke Mediengruppe.

Nach der Tötung eines Deutschen vor knapp zwei Wochen war es in Chemnitz zu Aufmärschen rechter Gruppen gekommen. Wegen der Tat sitzen zwei Asylbewerber in Untersuchungshaft. Nach einem dritten Tatverdächtigen, einem Iraker, wird gefahndet.

Neonazis attackieren jüdisches Lokal

Einem Pressebericht zufolge kam es im Zuge der Ausschreitungen am 27. August auch zu einer Attacke auf ein jüdisches Restaurant. Wie "Welt am Sonntag" im Voraus berichtete, wurde die Gaststätte abends von einem Dutzend Neonazis angegriffen. Demnach riefen die vermummten, in schwarz gekleideten Täter "Hau ab aus Deutschland, Du Judensau" und bewarfen das Lokal mit Steinen, Flaschen und einem abgesägten Stahlrohr.

Der Eigentümer sei von einem Stein an der rechten Schulter verletzt worden. Die Zeitung zitierte einen Sprecher des sächsischen Innenministeriums mit den Worten, es liege eine politisch motivierte Tat mit einem antisemitischen Hintergrund nahe. Der Antisemitismus-Beauftragte der Regierung, Felix Klein, sagte dem Blatt: "Hier werden die schlimmsten Erinnerungen an die 30er-Jahre wachgerufen." (APA, 8.9.2018)