Harter Kulturbruch im violetten Burgenland: Hans Peter Doskozil schwenkt die Rapidfahne, die nebenstehenden Austrianer Hans Niessl und Landtagspräsident Christian Illedits machen eine pragmatisch gute Miene.

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Das Lied, zu dem die Granden und die Grandinnen in die bummvolle Oberwarter Messehalle einzogen, heißt "Brücken zum Mond". Es stammt von einer steirisch-burgenländischen Partie namens Tagträumer.

Mehr als 2.000 Menschen waren gekommen und schon ein wenig enthusiasmiert. Gemeinsam formierten sie sich zum bestbesuchten Parteitag in der Geschichte der SPÖ Burgenland.

Immerhin war angekündigt, dass an diesem warmen Septembersamstag der Rote Hof übergeben werde. In seiner Abschiedsrede sagte Neo-Altbauer Hans Niessl, der am 28. Februar des kommenden Jahres auch den Landeshauptmannstuhl freimachen wird: "Es gab immer den Vorwurf: Die sind ja alle Pragmatiker. Und da sage ich: Ja, wir sind Pragmatiker." Brücken zum Mond mögen andere bauen. Du, glückliches Burgenland, wähle Dosko. Das taten dann tatsächlich 98,4 Prozent der 320 erschienenen Stimmrechtsdelegierten. Und Hans Peter Doskozil erwies sich in seiner Jungfernrede als Parteichef als gelehriger Niessl-Schüler. "Ich will die pragmatische Politik fortsetzen."

Konkrete Maßnahmen

Mehr noch: Er will diesen "burgenländischen Weg" – vor dem sich, hört man, der linke Flügel mit Schaudern abwendet – austreten zu einem Königsweg sozialdemokratischer Oppositionspolitik im Bund. Mit "konkreten Maßnahmen" werde man im Burgenland zeigen, was unter sozialdemokratischer Politik gemeint sei.

Das sei in den Zeiten, da die Bundesregierung "immer stärker in Richtung Neoliberalismus" gehe, eine Gelegenheit, ein echtes "Gegenmodell" umzusetzen. "Dort, wo wir das können, werden wir das auch tun."

Mindestlohn umsetzen

Und Hans Peter Doskozil legte sich bei einigen Themen tatsächlich fest. Etwa bei dem von Hans Niessl vehement geforderten und von Gewerkschaft und Arbeiterkammer – den Straßenmeistern des pragmatischen Weges – getrommelten Mindestlohn von 1700 Euro. Im Landesdienst und landesnahen Betrieben "machen wir das".

Ihm, Doskozil, sei es nämlich unangenehm, so etwas bloß lautstark zu fordern, aber "dort, wo wir es können", nicht umzusetzen. So schlicht, so schwer: weniger reden, mehr tun. "Man muss die Glaubwürdigkeit wiedergewinnen, wenn man wiedergewählt werden will." Das, so Doskozil, werde er spätestens am 28. Februar in Angriff nehmen. "Ich will dann 2020 keinen Wahlkampf führen, in dem wir Versprechungen machen. Wir werden da Bilanz legen."

Versöhnungsworte

Dass Doskozil mit offenkundig klarem Plan von 2020 sprach, mag die Bundes-SPÖ und dem so gute Miene zum Oberwarter Spiel machenden Christian Kern sehr gefallen haben. Doskozil sagte: "Christian Kern ist unser Spitzenkandidat und wird es bleiben." Im Gegenzug lobte dieser die burgenländische Migrationspolitik: "Das werden wir in ganz Österreich betreiben." Doskozil unterstrich dafür die Bedeutung des Umweltschutzes: Die Förderung werde auf Biobetriebe fokussieren.

Und also durfte Christian Kern, gewissermaßen resümierend, diesen Parteitag als "Demonstration der Einigkeit und des Zusammenstehens" verstehen. "Schulter an Schulter" schreite man voran. Manchem Beobachter erschien das ein wenig übertrieben: "Schauma amoi."

Ausschweifend Nachdenken

Zum Beispiel auf den nahen Csaterberg – ein Kronjuwel des Burgenlandes -, wo am Sonntag die 5. Kohfidischen Literaturtage zu Ende gingen. Und wo man sich bei G'schichten, G'söchtem und G'spritzten der ausschweifenden Nachdenklichkeit hingeben konnte. Nicht nur darüber. Aber auch. (Wolfgang Weisgram, 10.9.2018)