Wer am Vergabeverfahren beteiligt ist, darf keinerlei Verbindungen zu Bietern oder eigene Interessen haben, verlangt das neue Gesetz.

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Am 21. August ist das neue Bundesvergabegesetz (BVergG) 2018 in Kraft getreten, das die zwei jüngsten EU-Vergaberichtlinien umsetzt und einige Änderungen im Vergleich zur alten Rechtslage bringt. Von Interesse ist dabei vor allem der neue Tatbestand der Interessenkonflikte, der im Bereich der sogenannten Vergabe-Compliance-Regelungen in § 26 BVergG 2018 eingeführt wurde.

Demnach sollen Personen mit potenziellen Interessenkonflikten nicht an Vergabeverfahren teilnehmen bzw. keine Vergabeentscheidungen treffen. Darüber hinaus müssen organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von Interessenkonflikten getroffen werden. Dadurch sollen Vetternwirtschaft und Korruption bei öffentlichen Aufträgen verhindert werden.

Doch wann liegt ein solcher Interessenkonflikt vor? Nach der gesetzlichen Definition ist dies immer dann der Fall, wenn Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebers oder einer vergebenden Stelle, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Verfahrensausgang nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.

Schon auf den ersten Blick erkennt man, dass die Regelung weitgehend und umfassend ist. Sie kann etwa Mitarbeiter einer vergebenden Stelle betreffen, die Ausschreibungsunterlagen erstellen, den Ausgang eines einzelnen Verfahrensabschnittes beeinflussen oder die Bewertung oder die Zuschlagsentscheidung beeinflussen können.

Damit ein solcher Interessenkonflikt vorliegt, muss ein Mitarbeiter gar nicht befangen sein. Es reicht auch bloß der Anschein, dass durch bestimmte Interessen seine Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit beeinträchtigt sein könnte. Potenziell schädliche Interessen können im finanziellen, wirtschaftlichen oder persönlichen Bereich liegen. Man kann sich viele Konstellationen vorstellen, bei denen dies der Fall ist.

So liegt ein Interessenkonflikt vor, wenn ein Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebers, der Mitglied in der Bewertungskommission ist, Anteile an einem teilnehmenden Bieter hält; oder wenn der Geschäftsführer eines öffentlichen Auftraggebers, der Einfluss auf die Zuschlags- oder Ausscheidensentscheidungen nehmen kann, eine langjährige Freundschaft zum Vorstand eines teilnehmenden Bieters pflegt. Persönliche Interessen im Sinne der gesetzlichen Bestimmung können neben verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen etwa auch politische Verbindungen sein.

Strikte Compliance verlangt

Aus der umfassenden Formulierung der neuen Regelung ergibt sich, dass öffentliche Auftraggeber ein Compliance-Management-System (CMS) einrichten bzw. ihr bestehendes CMS entsprechend anpassen müssen, um § 26 BVergG zu entsprechen und um sich und ihre Mitarbeiter ausreichend zu schützen.

Daneben ist auch Bietern dringend anzuraten, sich mit der neuen Regelung auseinanderzusetzen und ihr eigenes CMS anzupassen bzw. ein solches zu implementieren. Denn im Zusammenhang mit § 26 BVergG sieht das Gesetz auch einen neuen Ausschlussgrund für Unternehmen vor. Demnach hat ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn ein entsprechender Interessenkonflikt nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen vermieden werden kann. Das Risiko des Ausschlusses trägt damit aber letztlich der Bieter.

Diese "Risikoverlagerung" gibt der neuen Regelung zusätzliche Brisanz und wird wohl noch einiger Präzisierung durch die Rechtsprechung bedürfen. Um das Worst-Case-Szenario eines allfälligen Ausschlusses vom Vergabeverfahren zu vermeiden, werden auch Bieter nicht umhinkommen, potenzielle Interessenkonflikte rechtzeitig zu erkennen. Das geht am besten über ein funktionierendes CMS, in dem Risiken systematisch geprüft werden. (Ingrid Makarius, Angelika Hellweger, 11.9.2018)