Christoph Chorherr zieht sich aus der Politik zurück.

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Wien – "Irgendwann muss man loslassen": Rund eine Woche nach Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) kündigte am Montag mit diesen Worten auch der langjährige grüne Gemeinderat Christoph Chorherr seinen Rückzug aus der Politik an. "Für uns Wiener Grüne beginnt nun eine neue Phase", erklärte Chorherr in einem Video, das er auf seinem Blog veröffentlichte. Nach 27 Jahren im Gemeinderat will Chorherr "rund um den Jahreswechsel" seine "lange Zeit als Berufspolitiker zu beenden".

Es sei "eine neue Phase, neue Kräfte müssen die Geschicke der Wiener Grünen leisten". Schon 1986, als die Grünen erstmals in den Nationalrat einzogen, war Chorherr als politischer Referent dabei. "Wenn ich mich recht erinnere, war Peter Kraus damals noch nicht einmal geboren", sagte Chorherr schmunzelnd über den Kandidaten für die Vassilakou-Nachfolge.

Für Kraus als Spitzenkandidat

Es sei immer schwer, "den richtigen Zeitpunkt zu finden", sagte der 57-Jährige. Doch "eine wesentliche Phase in meinem Leben ist zu Ende, und ich beginne eine neue". Um Spekulationen vorzugreifen, habe er sich entschieden, seinen Rücktritt bekanntzugeben, bevor feststeht, wer die grüne Spitzenwahl im November für sich entscheidet.

Neben Kraus die besten Chancen auf die Vassilakou-Nachfolge haben der grüne Klubchef im Rathaus, David Ellensohn, und Sozialsprecherin Birgit Hebein. Chorherr hatte gegenüber dem STANDARD bereits bekanntgegeben, dass er Kraus unterstütze. Trotzdem halte er "alle drei für befähigt, an der Spitze zu stehen und 2020 mit einer Bevölkerung, die für die ökologisch-soziale Frage brennt, die Wahl zu gewinnen". Kraus wolle er in den kommenden Monaten "aus einer Reihe von Gründen" unterstützen. Auch Hebein schätze er sehr, ihr sei es ein "inneres Anliegen, für die Schwächsten der Gesellschaft da zu sein". Ellensohn habe als Klubobmann das "schwierige Geschäft des Ausgleichs innerhalb der Fraktion und zwischen den Koalitionspartnern gut gemacht".

Krisen und Erfolge

Chorherr habe "viele Krisen", aber auch "tolle Erfolge" mit den Grünen erlebt. Die Wahl 2020 sei eine "extrem wichtige, die wir gewinnen können". Zwar werde er dann "nicht mehr Mandatar sein, nicht mehr Berufspolitiker", aber er wolle "helfen, wenn ich gebraucht werde".

In der Politik würden viele den Zeitpunkt des Abgangs verpassen. Zu viele würden "verbittert abrechnen" – mit Medien und Parteikollegen. "Ich will nicht so gehen. Ich will, dass es mehr Leute bedauern anstatt zu sagen: 'Endlich schleicht sich der Alte' – und zu einem Zeitpunkt, an dem es mir noch ein bisschen schwer fällt zu gehen."

Ganz ohne Abrechnung kommt Chorherr jedoch nicht aus: In der Politik gehe es um Macht, man müsse zwar keine Shakespeare-Dramen kennen, aber: "Es ist gut, sie zu kennen. Es ist hart." Auch parteiintern gehe es um "Einfluss und Macht, auch da wird hart gekämpft", sagte Chorherr. Und die Medien seien oftmals "persönlich hart", wenn etwas nicht funktioniere.

Chorherr wird Bäcker

Man könne auch außerhalb des Politikberufs viel bewegen, sagt Chorherr. Wie seine Zukunft genau aussehen werde, sei noch offen. Eines ist für Chorherr jedoch klar: "Ich werde Unternehmer, und ich werde Bäcker." So will Chorherr eine Holzofenbäckerei. Dort soll es "tolles ökologisches Brot" geben, und er will Menschen, die es brauchen, "zu einem sehr anständigen Gehalt" eine ökonomische Basis bieten. (Oona Kroisleitner, 10.9.2018)